EU will enger mit Indien kooperieren - Millionenkredit für U-Bahn
Für die europäische Wirtschaft gilt Indien als hochinteressanter Absatzmarkt. Verhandlungen über ein umfangreiches Freihandelsabkommen liegen aber seit mehreren Jahren auf Eis. Kann eine Zusammenarbeit in anderen Bereichen für Bewegung sorgen?
Brüssel (dpa) - Die Europäische Union und Indien wollen ihre Zusammenarbeit trotz einer Reihe von Differenzen ausbauen. Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel sicherte die EU dem aufstrebenden Land am Mittwoch 450 Millionen Euro für den Bau einer U-Bahn in der Stadt Lucknow zu. Die 23 Kilometer lange Strecke soll dafür sorgen, dass künftig deutlich mehr der drei Millionen Einwohner öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Bislang gibt es in der nordindischen Stadt gar keine U-Bahnen.
Investitionen dieser Art verbesserten nicht nur die Mobilität, sie seien auch ein Beitrag zum Umwelt- und Gesundheitsschutz, kommentierte die Europäische Investitionsbank (EIB). Über das EU-Institut sollen die 450 Millionen Euro als langfristiger Kredit an Indien fließen.
Als weiteres Thema beim 13. EU-Indien-Gipfel stand eine stärkere Zusammenarbeit im Anti-Terror-Kampf auf dem Programm. Vor seinen Gesprächen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk hatte der indische Ministerpräsident Narendra Modi dazu mit dem belgischen Premierminister Charles Michel gesprochen. Sein Land sei zu mehr Kooperation bereit, machte Modi dabei deutlich.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte Indien am Rande des Gipfels zu Bewegung in den seit 2013 festgefahrenen Gesprächen über ein Freihandelsabkommen auf. „Für einen Durchbruch brauchen wir den Abbau von Zöllen, Zusatzabgaben und nicht-tarifären Handelshemmnissen etwa für Autos, Maschinen und Industrietextilien“, hieß es.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mahnte hingegen, Indien dürfe keine Bestimmungen in einem Handelsabkommen akzeptieren, die den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten für Millionen Menschen einschränken würden. Ein Vorschlag der EU zum Thema geistige Eigentumsrechte könnte demnach dazu führen, dass die Ausfuhr von „völlig legal hergestellten Medikamenten“ aus Indien gestoppt wird, wenn ein multinationales Unternehmen behauptet, dass seine Rechte verletzt seien.
„Zwei Drittel der Medikamente, die wir kaufen, um HIV, Tuberkulose und Malaria zu behandeln, sind indische Generika“, kommentierte Joanne Liu, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen. „Wenn wir diese bezahlbaren Medikamente nicht hätten, könnten wir längst nicht so viele Menschen behandeln, wie wir es derzeit tun.“
Das 1,25-Milliarden-Einwohner-Land Indien hatte eine Entscheidung über die Wiederbelebung der Freihandelsverhandlungen zuletzt im vergangenen Jahr vertagt, nachdem die EU als Reaktion auf gefälschte Studien rund 700 Zulassungen für Arzneimittel widerrufen hatte.