EU will Spekulanten entwaffnen

Hochriskante Börsenwetten sollen künftig besser kontrolliert werden.

Brüssel. Nie mehr soll die Pleite einer Bank das globale Finanzsystem an den Abgrund bringen - so lautet das Ziel der EU-Kommission. Zwei Jahre nach dem Aus der Lehman-Bank geht Brüssel daher gegen Spekulanten vor. Binnenmarktkommissar Michel Barnier will dafür den Handel mit Derivaten und Kreditausfallversicherungen regulieren. Auch hochriskante Börsenwetten wie Leerverkäufe will er von Aufsichtsbehörden künftig kontrollieren lassen - bis hin zum Verbot.

Bisher werden viele Derivate-Händel abseits der Börse vereinbart: Eine Bank verkauft einer anderen eine Million Optionen auf einen bestimmten Dollar-Kurs. Geht eine Partei pleite, bleibt die andere auf dem Verlust sitzen und gerät womöglich selbst ins Trudeln. Deshalb verlangt die EU künftig, dass beide Seiten eine Verrechnungsstelle einschalten, die im Falle eines Falles gerade steht. Das macht die Deals zwar teurer, aber eben auch weniger riskant. Man verspricht sich davon auch, dass eine Kettenreaktion wie nach der Lehman-Pleite verhindert würde.

Für die Hauptakteure, also die Banken, aber auch für Firmen. Viele Konzerne sichern sich mit Termingeschäften gegen Preisschwankungen bei Devisen oder Rohstoffen ab, Fluggesellschaften sichern sich etwa auf diese Weise Kerosin zu einem bestimmten Preis. Das soll auch weiter möglich sein. Wenn eine bestimmte Umsatzschwelle überschritten ist, müssen die Firmen aber die Börse oder Finanzaufsicht informieren.

MichelBarnier, EU-Kommissar

Ja. Die neue europäische Wertpapieraufsicht Esma, die Anfang Januar ihre Arbeit aufnehmen soll, spielt eine zentrale Rolle. Damit die Esma kein zahnloser Tiger bleibt, gibt es Strafen, sie sind jedoch noch recht unkonkret formuliert. Als Sanktionen sind "wirkungsvolle" Strafen vorgesehen, die die EU-Kommission allerdings noch nicht spezifiziert hat.

Nein, zumindest nicht generell wie in Deutschland. Künftig soll aber sicher gestellt werden, dass ein Investor nicht ins Blaue hinein Wertpapiere leer verkauft, sondern sich zumindest diese Titel bei einer anderen Adresse reserviert hat, um sie wirklich liefern zu können. In hektischen Zeiten, in denen eine Panik an der Börse droht, dürfen Leerverkäufe dann auch verboten werden - aber künftig europäisch abgestimmt.

Nein, frühestens 2012 können die neuen Regeln in Kraft treten. Zunächst müssen das Europaparlament und die 27 EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Im Kreis der Staaten sind Diskussionen zu erwarten: Vor allem die Briten, die um das Geschäft der Londoner Finanzwelt fürchten, laufen Sturm gegen Pläne für eine bessere Finanzaufsicht.

http://bit.ly/9GiXWa http://bit.ly/byzJlz http://bit.ly/ctjcsV