Das Geschäft mit dem Dispo-Zins
Trotz historisch niedriger Zinsen ist die Konto-Überziehung derzeit teuer. Fragen und Antworten zum Thema.
Berlin. Zweistellige Zinssätze fürs Konto-Überziehen, aber magere Zinsen für Sparer: Wie deutsche Banken und Sparkassen mit den historisch niedrigen Konditionen umgehen, zu denen sie sich derzeit mit Geld versorgen, hat Empörung ausgelöst. Ein Überblick darüber, wie die Finanzkrise, der Leitzins der Europäischen Zentralbank und die Zinsen in der Bankfiliale zusammenhängen.
So günstig wie noch nie. Denn als Gegenmittel zur Linderung der Finanzkrise senkte die EZB ihren Leitzins - den wichtigsten Zins zur Versorgung der Geldinstitute mit Zentralbankgeld - drastisch ab: von 4,25 Prozent im Oktober 2008 auf 1,0 Prozent. Auf diesem absoluten Tiefstand verharrt der Leitzins seit Mai 2009. Daneben sind auch die Konditionen gesunken, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen.
Die Stiftung Warentest wirft den Geldinstituten vor, die Vorteile nicht an ihre Kunden weiterzugeben. "Zweistellige Zinssätze passen nicht in eine Zeit, in der die Marktzinsen auf ein historisches Tief gesunken sind", kritisiert Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift "Finanztest", mit Blick auf die Kosten von Dispo-Krediten.
Im Schnitt werden stolze 12,52 Prozent verlangt, wie die Tester bei 992 Banken, Sparkassen und Volksbanken ermittelten. Die Spanne reicht von sechs bis knapp 17 Prozent. Angemessen wären um die sieben Prozent, meint die Verbraucherzentrale NRW - maximal sechs Prozent, finden die Grünen.
In Deutschland steht etwa jeder sechste Bankkunde mit seinem Girokonto im Minus. Stiftung Warentest rechnet vor: Im Mai erreichten Überziehungskredite nach Bundesbankdaten ein Volumen von 41,6 Milliarden Euro. Jeder Prozentpunkt, um den der Zinssatz nicht gesenkt wird, bringe den Banken demnach 416 Millionen Euro im Jahr ein. Rasch zu spüren bekamen die Kunden den niedrigen Leitzins übrigens an anderer Stelle: Für Sparer gibt es meist nur knapp zwei Prozent Zinsen.
Dispositionskredite sind für die Kunden einfach und flexibel. Ohne Extraformalitäten liegt der Rahmen meist beim Zwei- bis Dreifachen des monatlichen Geldeingangs. Darüber hinaus gibt es "geduldete Überziehungen", für die meist noch höhere Zinsen fällig werden. Solche Kredite seien "nur als Überbrückung für kurze Zeit gedacht", betont der Zentrale Kreditausschuss als Dachorganisation der Branche. Dafür müssten die Institute Eigenkapital bereithalten, und auch das Ausfallrisiko sei erhöht.