Finanzmärkte: Bund wird Anleihen nicht los
Deutsche Staatsanleihen gelten eigentlich als begehrt. Doch plötzlich bricht die Nachfrage ein. Ein Alarmsignal?
Berlin. Was sich in diesen Wochen an den Finanzmärkten abspielt, ist selbst für Fachleute manchmal schwer zu verstehen oder gar vorauszusehen. Am Mittwoch hatte erstmals Deutschland — der angeblich „sichere Hafen“ der Eurozone — Probleme, sich neues Geld zu beschaffen. Die Hintergründe:
Länder verschulden sich, indem sie Geld an den Kapitalmärkten aufnehmen. Dazu werden in Deutschland von Zeit zu Zeit neue Bundeswertpapiere, also zum Beispiel Bundesanleihen, ausgegeben und Investoren angeboten. Verantwortlich dafür ist die „Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur“, eine unscheinbare Behörde in einem Vorort Frankfurts. Am Mittwoch standen neue Bundesanleihen („Bunds“) im Volumen von sechs Milliarden Euro zum Kauf, die Anfang 2022 fällig werden — dann also den Anlegern zurückgezahlt werden müssen.
Doch. Bereits ausgegebene Staatsanleihen werden am sogenannten Sekundärmarkt zu Kursen gehandelt, die ähnlich wie bei Aktien je nach Nachfrage schwanken. Früher lagen die Renditen der Anleihen der Länder im Euroraum nahe beieinander. Doch im Zuge der Eurokrise drifteten sie stark auseinander: Die Investoren verkauften Anleihen von Krisenländern und kauften deutsche „Bunds“. Deren Rendite sank dadurch immer weiter, auf ein Niveau von teilweise unter zwei Prozent. Dadurch wurde das Schuldenmachen für Deutschland immer billiger und für Länder wie Italien oder Spanien immer teurer. Umgekehrt können die Anleger mit den deutschen Anleihen kaum Gewinn machen, da derzeit die Inflation ja schon über zwei Prozent liegt.
Die bisher starke Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen brach bei der jüngsten Neuemission der zehnjährigen Bundesanleihen heftig ein. Von den angebotenen Papieren im Volumen von sechs Milliarden Euro fanden sich nur Interessenten für 3,89 Milliarden. Experten deuten die schwache Nachfrage unterschiedlich.
Sie glauben, dass dies eine Art Misstrauensvotum der Anleger mit Blick auf den gesamten Euroraum war. Das wäre in der Tat ein fatales Signal. Wenn nun auch die Renditen für deutsche Staatsanleihen steigen, würde die letzte Bastion der Gemeinschaftswährung unter Beschuss geraten. Allerdings gab es am Mittwoch zunächst keine Anzeichen dafür, dass die Renditen am Sekundärmarkt ruckartig nach oben schnellen — wie dies in den Krisenländern zuletzt häufig der Fall war.
Ja. Eine weniger dramatische Erklärung ist, dass sich Investoren in den vergangenen Wochen schon so fleißig mit deutschen Staatsanleihen eingedeckt haben, dass sie einfach eine Pause einlegen wollten. Gefährlich sei das nicht, beteuert die Bundesregierung. Die restlichen Papiere könnten auch am Sekundärmarkt abgesetzt werden.