Firmen sehen schwarz für Konjunktur
Prognose: Der Industrie droht ein deftiger Auftragsmangel. Kanzlerin Merkel erteilt Konjunkturprogrammen eine Absage.
München/Berlin. In der deutschen Industrie droht nach Ansicht von Experten ein gravierender Auftragsmangel im zweiten Halbjahr. "Viele Firmen werden Kapazitäten abbauen, auch Personal entlassen", sagte der Leiter der Konjunkturabteilung des Ifo-Instituts, Kai Carstensen. Es fehle den Firmen an neuen Aufträgen. "Die Erwartungen sind grottenschlecht."
Die Bundesregierung erwartet trotz warnender Expertenstimmen keinen abrupten Rückschlag für die Konjunktur. Es gebe derzeit keinen Grund, die Wachstumsprognosen für dieses und nächstes Jahr zu verändern, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält zudem nichts von Konjunkturprogrammen, wie sie Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) gefordert hatten. "Es gibt im Kabinett keine Überlegungen für ein irgendwie geartetes Wachstumsprogramm", so Steg.
Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, warnte indes: "In vielen Firmen reichen die Aufträge nur noch bis Jahresende." Die weltweite Konjunkturabkühlung treffe die Metall- und Elektroindustrie zunehmend. In Branchen mit einem langen zeitlichen Vorlauf wie der Metall- und Elektroindustrie gilt ein sinkender Auftragseingang als Warnzeichen.
Das Ifo Institut hatte in seiner monatlichen Befragung von 7000 Firmen bereits im Juli einen wachsenden Pessimismus registriert. Vor allem bei den Erwartungen für die kommenden Monate äußerten sich die Firmen so skeptisch wie seit fast sechs Jahren nicht mehr.
"Wir müssen uns warm anziehen für die zweite Jahreshälfte", warnte der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater. Der Volkswirt schließt nicht aus, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession fällt und zwei Quartale hintereinander schrumpfen wird.
"Das ist aber nicht so schlimm, wie es sich anhört. Es handelt sich dabei zunächst vor allem um einen Rückschlag nach dem ersten Quartal, das wegen Sondereffekten sehr gut ausgefallen war." Zu Jahresbeginn war die Wirtschaft um 1,5 Prozent gewachsen. Der Arbeitsmarkt schwächt sich laut Kater ebenfalls ab.