Griechenland braucht mehr Geld - Nothilfe fließt

Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen die Schuldenkrise braucht Griechenland noch mehr Geld. Das zweite Hilfspaket von 109 Milliarden Euro müsse aufgestockt werden, entschieden die Euro-Finanzminister am Freitag in Brüssel.

Konkrete Zahlen nannten sie nicht.

Das Paket war im Juli von Euro-Partnern und Internationalem Währungsfonds (IWF) vereinbart worden. Zusätzlich sollten Banken und Versicherer mit bis zu 50 Milliarden Euro zur Rettung beitragen.

Schon Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutete an, ein hoher Schuldenerlass für Griechenland werde immer wahrscheinlicher. Man nähere sich dem Punkt, an dem ein Abschlag von 21 Prozent nicht mehr ausreiche, sagte Merkel am Freitag nach Angaben von Teilnehmern vor den Unionsabgeordneten.

Im Gespräch sind ein Forderungsverzicht von 50 Prozent bis 60 Prozent. Erst im Juli waren 21 Prozent vereinbart worden.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Sonntag in Brüssel über die Lage des Mittelmeer-Partners beraten. Dann könnte es auch um konkrete zusätzliche Beträge gehen.

Im schlimmsten Fall müssten zusätzliche öffentliche Hilfen von 444 Milliarden Euro für Griechenland bereitgestellt werden, hieß es in einem Bericht der Sonderprüfer, der der Nachrichtenagentur dpa und der „Bild“-Zeitung vorlag. Die Last der Geldgeber könnte deutlich verringert werden, wenn private Gläubiger wie Banken und Versicherer zu einem höheren Verzicht bereit wären.

Die internationalen Geldgeber Griechenlands befürchten nach diesen Angaben, dass das Land noch bis zum Ende des Jahrzehnts an ihrem Tropf hängen könnte.

Commerzbank-Chef Martin Blessing sprach sich als erster deutscher Top-Banker für einen offiziellen Staatsbankrott Griechenlands aus. „Griechenland braucht einen Schuldenschnitt. Es reicht nicht, nur Abschreibungen in den Bankbilanzen vorzunehmen“, sagte Blessing der „Bild“-Zeitung (Freitag).

Sonderprüfer von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und des IWF mahnten in einem der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Analyse ein ehrgeiziges Hilfspaket an. Auch wenn Banken noch stärker als vorgesehen in die Pflicht genommen würden, seien große öffentliche Hilfen für eine langen Zeitraum nötig, schreiben die Prüfer der sogenannten Troika.

Die Ressortchefs entschieden gleichzeitig, dass Athen Anfang November die nächste Hilfszahlung aus dem alten Hilfsprogramm von acht Milliarden Euro erhält.

Die Finanzspritze stammt aus dem ersten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro vom Mai 2010. Ohne das Geld hätte Athen im November die Pleite gedroht.

Die Entscheidung sollte eigentlich schon Anfang Oktober fallen, war aber verschoben worden, weil Griechenland seine Sparziele verfehlt hatte. Zwischenzeitlich legte die griechische Regierung mit neuen Sparmaßnahmen nach.

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos begrüßte den lange erwarteten Schritt. „Der heutige Beschluss der Eurogruppe ... ist ein positiver Schritt.“

Die Ressortchefs lobten zwar die Fortschritte des Krisenlandes, stellten aber eine verschlechterte wirtschaftliche Lage fest. Die Minister forderten weitere Reformen und mehr Privatisierungen.

Mit der Entscheidung folgten die Minister einer Empfehlung der Sonderprüfer der Troika. Nach Einschätzung der Finanzkontrolleure hat das Land bei seinem Spar- und Reformprogramm Fortschritte gemacht.

Unter ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen könnte es bis 2021 dauern, bis Athen wieder an die Finanzmärkte zurückkehren kann, heißt es in dem bisher unveröffentlichten Bericht. Die Kontrolleure überprüften, ob Griechenland langfristig in der Lage ist, aus eigener Kraft seine Schulden zu bedienen.

Laut Troika ist es durchaus möglich, dass Athen im Jahr 2020 immer noch eine gesamtstaatliche Verschuldung von 152 Prozent der Wirtschaftsleistung hat - nach einem Spitzenwert von 186 Prozent im übernächsten Jahr.

Die Euro-Partner hatten immer wieder betont, dass sie Griechenland auf keinen Fall pleitegehen lassen wollen. Bereits im Juli hatten die Euro-Staaten daher ein zweites Notpaket für Athen von weiteren 109 Milliarden Euro beschlossen.