Gutachten: Wirtschaftsweise für Tilgungspakt
Forscher wollen Schulden der Euro-Zone zum Teil vergemeinschaften, doch die Kanzlerin lehnt das strikt ab.
Berlin. Die Wirtschaftsweisen haben für eine glaubhafte Sanierung der Staatsfinanzen in der Euro-Zone einen „Schuldentilgungspakt“ vorgeschlagen. Die Politik habe bisher mit viel Geld nur Zeit gekauft. Sollte die Schuldenkrise eskalieren, drohe eine Rezession, warnten die Regierungsberater in ihrem neuen Jahresgutachten. So oder so werde sich die Konjunktur in Deutschland im nächsten Jahr deutlich abkühlen.
Beim Tilgungspakt könnte zusammen mit nationalen Schuldenbremsen ein überzeugender Abbau der Staatsverschuldung unter die Höchstgrenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht werden. Auch sollten Euro-Länder Währungsreserven wie Gold-Bestände als Sicherheit hinterlegen.
Nach dem Modell der „Fünf Weisen“ sollen Schulden, die die 60-Prozent-Grenze übersteigen, in einen gemeinsamen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung ausgelagert werden. Gleichzeitig würde für jedes Land ein harter Konsolidierungspfad festgelegt.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Idee zurück. Sie sagte, ein Modell für eine teilweise Vergemeinschaftung von Schulden würde eine Vielzahl von Änderungen der EU-Verträge notwendig machen und sei im Tagesgeschäft „auf gar keinen Fall möglich“. Auch gebe es verfassungsrechtliche Bedenken.
Die Wirtschaftsweisen erwarten 2012 nur noch ein Konjunkturplus von 0,9 Prozent nach drei Prozent im laufenden Jahr. Bei einer weiteren Verschärfung der Schulden-krise warnen die Experten vor verheerenden Folgen für die Weltwirtschaft: „Im Falle einer Stagnation des Welthandels würde Deutschland in eine Rezession geraten.“
Die Ökonomen unterstützen den Plan der schwarz-gelben Koalition, die inflationsbedingte „kalte Progression“ — Lohnerhöhungen werden größtenteils vom Fiskus wieder kassiert — abzumildern. Jedoch müssten die Steuerausfälle von 2,2 Milliarden Euro gegenfinanziert werden.
So könnte der Staat die Pendlerpauschale oder die Steuerfreiheit von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen abschaffen. Auch der Steuerbonus bei Dienstwagen sowie bei der Absetzbarkeit haushaltsnaher Dienstleistungen und Handwerkerleistungen sollten auf den Prüfstand kommen.