Gutachter sieht schwarz für Schlecker
Ehingen (dpa) - Wirtschaftsprüfer zweifeln am Überleben der insolventen Drogeriekette Schlecker. Ein von Baden-Württemberg in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass sich innerhalb von sechs Monaten kaum ein Investor finde werde.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hält in der Studie, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, auch einen Weiterbetrieb in Eigenregie angesichts vieler unrentabler Läden für schwierig. Widerspruch kam vom vorläufigen Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der weiter an eine Zukunft für Schlecker glaubt.
„Die Investorensuche läuft absolut planmäßig. Erste weiterführende Angebote sind bereits eingegangen“, sagte sein Sprecher am Montag. „Wir halten auch die Sanierung und Weiterführung für anspruchsvoll aber machbar“, fügte er hinzu.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) forderte am Montag angesichts der Gutachter-Ergebnisse, alle bisherigen Überlegungen zur Zukunft der insolventen Drogeriekette Schlecker erneut auf den Prüfstand zu stellen. Schlecker hat nach früheren Angaben derzeit noch rund 25 000 Mitarbeiter in Deutschland. 11 000 von ihnen werden wegen der Insolvenz schon in den nächsten Tagen ihren Job verlieren. Am Samstag hatte Schlecker 2200 Filialen geschlossen, mit dem um 40 Prozent ausgedünnten Filialnetz will das Unternehmen nun seine Rettung schaffen.
Doch PwC hält die Pläne des vorläufigen Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz in zentralen Punkten für zu optimistisch. So seien vor allem die Personalkosten zu gering angesetzt, während die erwarteten Erträge „mit Unsicherheiten belastet bzw. nur sehr begrenzt belastbar“ seien. Das Konzept, mit dem Geiwitz Schlecker ohne einen Investor aus eigener Kraft wieder profitabel machen will, sei deshalb sehr herausfordernd. So werde für den Zeitraum April bis Dezember 2012 erneut mit Verlusten der Drogeriemärkte gerechnet, obwohl gleichzeitig Geld bei der „notwendigen umfassenden Neuaufstellung der verbleibenden Unternehmensteile“ gebraucht werde.
Also müsste dringend ein Investor her. Doch obwohl Geiwitz immer wieder von einem Interesse von Investoren spricht, ist PwC in diesem Punkt zurückhaltend.
Die 11 000 Beschäftigten, die schon am Samstag ihren letzten regulären Arbeitstag hatten, können hingegen zumindest teilweise Hoffnung schöpfen. Damit sie nicht abrupt in die Arbeitslosigkeit fallen, soll eine Transfergesellschaft gegründet werden. Das Risiko, dass die Bundesländer bei der dafür nötigen Staatsbürgschaft in Höhe von 70 Millionen Euro eingehen würden, bewertet PwC als „noch vertretbar“.
Zwar sei die Gefahr nicht unerheblich, da die Zukunft der Drogeriekette unsicher sei, erklärte PWC. Eine Rückzahlung der Kredite über Erträge aus dem laufenden Geschäft sei „mit hohen Unsicherheiten verbunden“. Wenn Schlecker seine Gesellschaften in Spanien und Frankreich verkaufe, dürfte die Drogeriekette in der Lage sein, den Kredit zurückzuzahlen.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bode forderte angesichts dieser Ergebnisse in einem Brief an seine Amtskollegen in den Ländern dazu auf, nochmals grundsätzlich zu überlegen. Denn auch die Experten gingen nicht davon aus, dass eine Rückzahlung des Darlehens nach sechs Monaten aus Erträgen der Betriebsfortführung möglich sei. Gegebenenfalls dürfte auch ein um die Hälfte reduziertes Darlehen ausreichen, um eine Finanzierung der Transfergesellschaften sicherzustellen. „Bei einem solch reduzierten Volumen wird es im Ergebnis leichter fallen, einer Verbürgung zuzustimmen,....“
Die endgültige Entscheidung über die Gründung der Transfergesellschaft fällt an diesem Mittwoch. Dann entscheidet Baden-Württemberg, ob es mit einer Bürgschaft von rund 70 Millionen Euro in Vorleistung geht und damit den Weg für die Transfergesellschaft ebnet. Allerdings hatte Finanzminister Nils Schmid (SPD) die anderen Länder aufgefordert, schriftlich ihre Bereitschaft zu erklären, sich anschließend an den finanziellen Risiken zu beteiligen. Ein gemeinsames Vorgehen aller Bundesländer war zuvor gescheitert.
Konkrete Zusagen gab es bis zum Montag allerdings nur aus Hamburg, dem Saarland, Bremen, Berlin und Rheinland-Pfalz. An diesem Dienstag entscheiden Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Thüringen. Abwartend gaben sich Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin. Als eher skeptisch gelten Sachsen, Niedersachsen und Hessen.
In einer Transfergesellschaft würden die Beschäftigten voraussichtlich bis zu sechs Monate lang 80 Prozent ihres letzten Nettogehalts bekommen. Außerdem würden sie in Weiterbildungskursen auf neue Stellen vorbereitet.