Studie fordert gleichen Lohn für Leiharbeiter

Frankfurt/Main (dpa) - Gleiche Arbeit, aber oft nur gut die Hälfte des Lohns: Diese Schieflage bei der Bezahlung von Leiharbeitern ist aus Sicht der Bertelsmann Stiftung auf Dauer nicht hinnehmbar. Die Stiftung schlägt vor, Zeitarbeiter nach drei Monaten wie Stammbeschäftigte zu bezahlen.

Nach einer Studie im Auftrag der Stiftung würden davon rund 491 000 der etwa 910 000 Leiharbeiter in Deutschland profitieren. Die Kosten wurden auf etwa 410 Millionen Euro geschätzt.

Der seit 2011 in der Zeitarbeit geltende Mindestlohn sei ein „erster Schritt in die richtige Richtung, um grobe Schieflagen in der Entlohnung zu beheben“, erklärte Aart De Geus, Mitglied im Vorstand der Bertelsmann Stiftung am Montag. Der zweite Schritt wäre nun die Einführung von gleicher Bezahlung nach einer Einarbeitungsphase.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will noch in dieser Legislaturperiode eine Regelung schaffen, falls sich die Tarifparteien nicht einigen können. Allerdings gibt es noch keinen Konsens mit der FDP. „Es ist inakzeptabel, dass Mitarbeiter längerfristig ein und dieselbe Arbeit machen und es dafür unterschiedliche Löhne gibt“, sagte die Ministerin der „Welt“.

„Meiner Meinung nach sollten Leiharbeitnehmer spätestens nach drei Monaten wie die Stammbelegschaft bezahlt werden“, erklärte der stellvertretende CDA-Vorsitzende, Christian Bäumler. Die Grünen forderten ein Gesetz, sollte es keine tarifliche Equal-Pay-Regelung geben, die den Namen auch verdiene.

Die FDP hofft dagegen auf einen Konsens der Tarifparteien. „Bei Equal Pay muss und wird die Branche eine gute Lösung finden“, erklärte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel. Die Linke forderte ein gesetzliches Verbot der Leiharbeit. Der Interessensverband Deutscher Zeitarbeitsfirmen appellierte an die Politik, die laufenden Tarifverhandlungen „nicht durch politische Manöverspielchen zu torpedieren“.

Nach der Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung tragen Zeitarbeiter „die Nachteile und Kosten der Flexibilität“. So verdient eine Leihkraft mit Berufsausbildung in Westdeutschland im Schnitt monatlich brutto 47 Prozent weniger und im Osten 36 Prozent weniger als ein Stammarbeiter mit gleichem Bildungsniveau. Als Grund nennen die Autoren vor allem die generell niedrigeren Zeitarbeitslöhne.

Die meisten Leiharbeiter sind männlich und arbeiten in der westdeutschen Industrie. Dort ist das Gehaltsgefälle im Vergleich zu den durchschnittlichen Verdiensten in der Gesamtwirtschaft auch besonders groß. So bekommen Montierer in Metallberufen 48 Prozent weniger als Stammbeschäftigte - statt 2990 Euro sind es 1540 Euro. Bei Zeitarbeitern in Verkehrsberufen im Westen beträgt die Diskrepanz 45 Prozent und bei Organisations, - Verwaltungs- und Büroberufen 46 Prozent. Weniger groß sind die Unterschiede bei Jobs mit geringerer Qualifikation.

Insgesamt sei die Lohnlücke von 2003 bis 2010 nur bei wenigen Berufsgruppen kleiner geworden, heißt es in der Studie. Lediglich bei Hilfsarbeitern sowie bei Malern und Lackierern hätten sich die Gehälter aufeinander zubewegt - von durchschnittlich 40 Prozent auf 20 bis 30 Prozent im Jahr 2010.

Der Studie zufolge verdrängen Zeitarbeiter die Stammbelegschaften allerdings nicht. Ein Aufbau von Zeitarbeit bei gleichzeitigem Abbau der Stammbelegschaft sei „nur sehr selten zu beobachten“, bestätigte die Stiftung einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Selbst während der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 sei dies nur bei drei Prozent der Kunden von Zeitarbeitsfirmen der Fall gewesen. Wesentlich häufiger (24 Prozent) ist demnach das Gegenteil: Wurde Zeitarbeit verringert, wuchs die Zahl der Stammkräfte. Denkbar sei daher, dass Zeitarbeit sogar helfe, die Stammbelegschaft zu sichern oder zu erhöhen, heißt es in der Studie.

Nach den Erfahrungen der IG Metall wird die Stammbeschäftigung dagegen zunehmend durch Leiharbeit verdrängt. Laut einer Befragung der Gewerkschaft erfolgen 85 Prozent der Neueinstellungen durch Leiharbeit oder befristete Einstellungen.