HSH-Prozess: Ex-Spitzenbanker attackieren Staatsanwälte

Hamburg (dpa) - Die Angeklagten im HSH-Nordbank-Prozess haben am zweiten Verhandlungstag die Vorwürfe der Anklage zurückgewiesen und ihrerseits die Staatsanwaltschaft kritisiert.

Die Anklage sei für ihn „völlig inakzeptabel“, sagte der frühere Vorstandschef Hans Berger vor der 8. Großen Strafkammer des Hamburger Landgerichts. Sein ehemaliger Vorstandskollege Jochen Friedrich erklärte: „Ich halte meine Entscheidung auch nach Lektüre der in weiten Teilen empörenden Anklageschrift nach wie vor für richtig.“ Die Verteidiger der Angeklagten Bernhard Visker und Peter Rieck wiesen die Vorwürfe ebenfalls „mit Nachdruck“ zurück.

Die Staatsanwaltschaft wirft den sechs ehemaligen Vorständen Untreue in einem besonders schweren Fall vor. Sie hätten die Chancen und Risiken in dem komplexen „Omega 55“-Geschäft im Dezember 2007 nicht sorgfältig abgewogen und damit einen Schaden von 158 Millionen Euro verursacht. Zwei der Angeklagten wird zudem Bilanzfälschung vorgeworfen, weil das Geschäft absichtlich nicht richtig bilanziert worden sei.

Berger nutzte als bislang einziger der Angeklagten die Gelegenheit zu einer umfangreichen Darstellung seiner Sicht der Vorgänge. Mit „Omega 55“ habe der Vorstand auf die Herausforderungen des Kapitalmarktes im Herbst 2007 reagiert und die Vorgaben des Aufsichtsrats umgesetzt. „Es war kein Alleingang des Vorstandes“, bekräftigte Berger. Die Bank habe damals zu viel Kreditgeschäft angesammelt, das die Bilanz belastet habe. Das Institut sei mit zu wenig Eigenkapital ausgestattet gewesen, das zudem zum Teil als „stille Einlage“ von minderer Qualität gewesen sei.

Ziel der Bank und der Eigentümer sei damals der Börsengang gewesen. Es drohte jedoch die Rückstufung bei den Ratingagenturen. Deshalb habe der Vorstand Gegenmaßnahmen ergriffen und insgesamt zehn Transaktionen mit einem Volumen von 17 Milliarden Euro und einem Entlastungseffekt von 12,6 Milliarden Euro auf die Bilanz zugestimmt.

Bis zur Vorlage des Kreditantrags für die „Omega 55“-Transaktion am 19. Dezember 2007 habe er keine Informationen über das Geschäft gehabt, sagte Berger. Da es zwei rechtsverbindliche Unterschriften von Vorstandsmitgliedern unter der Vorstandsvorlage gegeben habe, habe er seine hinzugesetzte Signatur als „Kenntnisnahme“ bewertet. „Ansonsten wäre ein Eilbeschluss wirkungslos. So sehe ich das noch heute“, sagte Berger.

Der frühere Kapitalmarkt-Vorstand Friedrich hält seine Entlassung im Dezember 2009 nach wie vor für „nicht nachvollziehbar und akzeptabel“. Er habe vor dem „Omega“-Kreditantrag alle Informationen gehabt, um eine richtige und verantwortliche Entscheidung zu treffen, sagte Friedrich.

Auch der Ex-Finanzvorstand und spätere HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher äußerte sich erstmals - zu seiner Person. Er ging im wesentlichen auf seinen beruflichen Werdegang ein und hob hervor, dass er als HSH-Finanzchef nicht für das Risiko-Controlling zuständig gewesen sei. In Kreditvorgänge sei er nur einzubinden gewesen. Alle Vorstände betonten die sorgfältige Prüfung der Vorlage durch die Fach- und Rechtsabteilung der Bank.

Eine Besetzungsrüge des Gerichts durch die Verteidiger sowie ein Fragenkatalog zur möglichen Befangenheit der Richter hatte die Strafkammer zurückgewiesen. Am kommenden Mittwoch soll mit der Vernehmung von Zeugen begonnen werden. Der Vorsitzende Richter Marc Tully kündigte an, die Kammer werde das Geschäft „sehr kleinteilig“ nachvollziehen.

Es sind Verhandlungstermine bis ins nächste Jahr anberaumt. Tully äußerte aber auch die Hoffnung, dass die Kammer etwas schneller vorankommen könnte, wenn die Angeklagten zum Dialog bereit seien und unstrittige Sachverhalte zügig geklärt würden. „Dieses Gericht will Sie nicht in die Pfanne hauen, sondern sich mit Hilfe der Strafprozessordnung der Wahrheit nähern“, sagte Tully.