Hintergrund Die Anklageschrift gegen Deniz Yücel

Istanbul (dpa) - Die Istanbuler Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel erhoben. Yücel wurde zwar aus der Untersuchungshaft in der Türkei entlassen.

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Allerdings hat das 32. Strafgericht in Istanbul die nur drei Seiten umfassende Anklageschrift angenommen, die das Datum vom 13. Februar trägt und die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Damit kommt es zu einem Verfahren gegen Yücel.

In der Anklageschrift wird Yücel „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ vorgeworfen. Yücel habe „einige Artikel in deutscher Sprache verfasst, die eine Straftat darstellen“. Im Rahmen der Ermittlungen seien seine Texte übersetzt worden.

Bei den Terrororganisationen, um die es laut Anklage geht, handelt es sich um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und um die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen. Die Regierung macht die Gülen-Bewegung für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.

In der Anklageschrift werden acht Artikel, die der Korrespondent zwischen dem 19. Juni 2016 und dem 12. Dezember 2016 in der „Welt“ veröffentlicht hat, als Belege für die Anschuldigungen aufgeführt. Die Staatsanwaltschaft wirft Yücel in dem Zusammenhang unter anderem vor, er habe Operationen der Sicherheitskräfte gegen die PKK als „ethnische Säuberung“ bezeichnet. In einem Interview mit PKK-Kommandeur Cemil Bayik habe Yücel versucht, die PKK als „legitime und politische Organisation“ darzustellen.

Im Zusammenhang mit der Gülen-Bewegung wirft die Staatsanwaltschaft Yücel unter anderem vor, in einem seiner Artikel habe über einem Foto von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan „Putschist“ gestanden. Den Vorwurf der „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ begründet die Anklage unter anderem damit, dass Yücel von einem „Genozid an den Armeniern“ geschrieben habe. Außerdem dient als Beleg ein Witz über Kurden und Türken aus einem Artikel.

Als Beweismittel für Yücels Verbindungen zu Terrororganisationen führt die Staatsanwaltschaft ein von Fethullah Gülen verfasstes Buch an, die die Polizei bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt habe. Außerdem dient der Anklage nach Auswertung von seinen Telefondaten als Beleg, dass Yücel zwischen 2014 und 2017 mit 59 verschiedenen Personen telefoniert habe, die nach Einschätzung der Polizei Mitglieder der PKK seien oder mit ihr in Verbindung stünden.