„Who is who“ der Weltpolitik Köpfe der Sicherheitskonferenz

Berlin (dpa) - Eins ist klar: US-Präsident Donald Trump wird nicht kommen. Dennoch wird die US-Außenpolitik wieder im Fokus der Münchner Sicherheitskonferenz stehen. Trump schickt Stellvertreter in die bayerische Landeshauptstadt.

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Auch Angela Merkel verzichtet dieses Jahr als nur geschäftsführende Bundeskanzlerin auf einen Auftritt im Hotel „Bayerischer Hof“. Dafür dürften sich die Blicke auf ein anderes Mitglied der Bundesregierung richten. Neun wichtige Köpfe der Konferenz:

Sigmar Gabriel (58): Zuerst war von einer Absage die Rede, nun will er doch kommen. In München werden sich allein schon wegen der innenpolitischen Lage und dem Chaos in der SPD alle Blicke auf Gabriel richten. Dem geschäftsführenden Außenminister, bisher Vizekanzler und von 2009 bis 2017 der am längsten amtierende SPD-Chef seit Willy Brandt, droht der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit. Dabei ist Gabriel derzeit Deutschlands beliebtester Politiker. In seiner Partei werden ihm trotzdem kaum Chancen eingeräumt, dass er bei einem Ja der SPD-Mitglieder zu einer großen Koalition einer neuen Regierung angehören wird. Wie wird Gabriel sich auf der Sicherheitskonferenz verhalten?

Herbert Raymond McMaster (55): Der Drei-Sterne-General ist seit einem Jahr Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump. Er vertritt Trump im „Bayerischen Hof“. „H.R.“ galt lange als moderate Stimme im Weißen Haus. Dass er international und bündnisorientiert ausgerichtet ist und sich etwa für eine Fortführung des Afghanistan-Einsatzes stark machte, ließ ihn zur beliebten Zielscheibe von Trumps rechtspopulistischen Anhängern werden. Mit Blick auf Nordkorea vertritt er eine harte Linie und deutete an, dass die US-Regierung auch militärische Optionen in Betracht ziehe. Neben McMaster wird auch Verteidigungsminister James Mattis die US-Regierung vertreten.

Benjamin Netanjahu (68): Netanjahu amtiert bereits zum vierten Mal als Regierungschef Israels. Der rechtsorientierte Politiker verfolgt den Palästinensern gegenüber eine Politik der Stärke. Der Friedensprozess liegt schon seit fast vier Jahren brach. Netanjahu gilt außerdem als schärfster Kritiker des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Es ist sein erster Auftritt auf dem Münchner Parkett - der Besuch des israelischen Ministerpräsidenten wird von Korruptionsvorwürfen in seiner Heimat überschattet. Die israelische Polizei hat empfohlen, Anklage gegen ihn zu erheben. Nach dem Abschuss eines israelischen Kampfjets wird auch die Konfrontation mit Syrien und dem Iran eine Rolle spielen.

Sergej Lawrow (67): Der russische Außenminister kann mehr als 45 Jahre diplomatische Erfahrung in die Waagschale werfen. Lawrow gilt als „Mann fürs Feine“ von Kremlchef Wladimir Putin. „Ich bin Diplomat, die Politik überlasse ich dem Präsidenten“, unterstrich er einmal. Seit 2004 schon ist der 67-Jährige im Amt. Er ist bekannt als harter Verhandlungsführer, der die diplomatische Klaviatur auszureizen versteht. Am Rande der Sicherheitskonferenz wird es ein Treffen zur Ukraine-Krise im sogenannten Normandie-Format geben, also mit Deutschland, Frankreich, der Ukraine und Russland.

Binali Yildirim (62): Der türkische Ministerpräsident folgte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in die Politik und gründete gemeinsam mit ihm die islamisch-konservative AKP. Durch die Aushöhlung demokratischer Rechte in der Türkei und die Verhaftung tausender Staatsbeamte nach dem Putschversuch sind die Beziehungen zu den westlichen Nachbarn nicht einfacher geworden. In den deutsch-türkischen Beziehungen gibt es aber Entspannungssignale. Yildirim hofft nach eigenen Worten auf eine baldige Freilassung des inhaftierten „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel. Vor der Sicherheitskonferenz will er noch Merkel treffen. Auch der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu wird in München erwartet.

Mohammed Dschawad Sarif (58): Irans Außenminister gilt als Architekt des Atomabkommens. Mit seiner eloquenten und verbindlichen Art war Sarif der richtige Mann für das Top-Projekt von Präsident Hassan Ruhani: Versöhnung mit der Welt durch eine Einigung im Atomstreit. Ohne Sarif wäre eine Verständigung wohl viel schwieriger geworden. US-Präsident Donald Trump hält vorerst an dem Atomdeal fest, will aber den Druck auf die Regierung in Teheran verschärfen. Auch die aktuellen Spannungen mit Israel und die Rolle des Irans im Syrien-Krieg dürften Sarif in München beschäftigen.

Adel al-Dschubair (56): Obwohl nicht Mitglied der saudischen Königsfamilie, vertritt der 56-Jährige das Land seit fast drei Jahren international. Als langjähriger Botschafter des sunnitischen Königreichs in den USA verfügt er über enge Kontakte nach Washington. Im Auftritt elegant, in der Stimme geradezu weich vertritt er aber die Linie seines Landes unnachgiebig - ganz im Sinne von Kronprinz Salman. In den Konflikten mit dem schiitischen Iran und dem Nachbarn Katar zeigt er sich ebenso hart wie im Jemen-Konflikt - was er in München bekräftigen dürfte.

Theresa May (61): Die Zukunft Europas, die europäische Einigung, soll dieses Jahr ein Schwerpunkt in München werden. Die EU ist mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und mehreren Kommissaren vertreten. May setzt da den personellen Kontrapunkt. Seit die Briten sich 2016 knapp für einen EU-Austritt ausgesprochen haben, verfolgt sie als Premierministerin einen unnachgiebigen Kurs. Mit ihrem strengen Auftreten erinnert die 61-Jährige manchmal auch an ihre einzige weibliche Vorgängerin, an die „Eiserne Lady“ Margaret Thatcher. Zwar gibt es eine erste Grundsatzeinigung über den Brexit, doch die Verhandlungen sind zäh, die künftigen Beziehungen völlig offen. Kurz vor Beginn der Sicherheitskonferenz will May mit Merkel noch in Berlin über den Brexit sprechen.

Sebastian Kurz (31): Er ist ein politisches Ausnahmephänomen, der die konservative ÖVP zu alter Stärke führte und nun mit der rechten FPÖ in Wien koaliert. Bereits als österreichischer Außenminister hat Kurz immer wieder Merkels „Willkommenspolitik“ kritisiert - nun wurde er mit markigen Anti-Migranten-Sprüchen der jüngste Regierungschef Europas. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn verglich ihn sogar mit Trump. Kurz will Macht und Geld für Brüssel beschränken. Das wird in der zweiten Jahreshälfte wichtig: Dann geht der EU-Ratsvorsitz an die Regierung in Wien.