ICE fährt ins Herz der Briten

Die Bahn will ab 2013 täglich nach London – und den Fliegern damit Kunden abjagen.

London. Historische Premiere am berühmten Bahnhof King’s Cross: Erstmals hat ein ICE der Deutschen Bahn in London Station gemacht. Bereits 2013 soll der deutsche Schnellzug täglich zwischen den Innenstädten von Köln, Frankfurt und der britischen Hauptstadt pendeln.

Er kam quietschend an der Champagner-Bar von King’s Cross zum Stehen, begleitet von Oh- und Ah-Ausrufen der Londoner, die auf dem Weg zur Arbeit waren: Der erste deutsche ICE, der jemals an der Themse gehalten hat, war pünktlich.

Das war nicht der einzige Grund für den Jubel. "Auf Wiedersehen, Flugzeug" titelt eine englische Zeitung bereits - und lobt die Zugstrecke als schnellste Verbindung zum Kontinent.

Täglich drei Hin- und Rückfahrten plant die Bahn zwischen London und Köln. Die Züge mit Spitzengeschwindigkeit von 320 Stundenkilometern steuern zunächst Brüssel an, wo sie geteilt werden.

Eine Zughälfte fährt nach Rotterdam und Amsterdam; die zweite nach Köln und Frankfurt. Der ICE3 soll die Strecke nach Köln in unter vier und die Strecke nach Frankfurt in unter fünf Stunden meistern.

Damit tritt die Bahn in direkte Konkurrenz zu den täglich 50 Flügen, die Frankfurt und das Rheinland mit der britischen Hauptstadt verbinden.

Mindestens vier Stunden müssen Flugreisende mit Zielen jenseits des Ärmelkanals zurzeit investieren, wenn Transferzeiten zu außerstädtischen Flughäfen wie Heathrow, Stansted und Gatwick, der Check-In und die Flugdauer eingerechnet werden.

Neben einer rascheren Städte-Verbindung bietet der ICE vor allem Geschäftsleuten den Vorteil, die gesamte Fahrtzeit arbeiten zu können - alle Züge werden mit Internetzugang und Steckdosen ausgestattet.

Ehrgeiz der Bahn ist es auch, pünktlicher zu sein als die Flieger. Bahn-Chef Rüdiger Grube bezeichnete die London-Verbindung gestern als "Beginn einer neuen Ära".

Am Wochenende war der ICE für eine Evakuierungsübung in den Kanal-Tunnel geschleppt worden. Dort sollte die Bahn demonstrieren, dass ihr ICE im Notfall genauso sicher geräumt werden kann wie der französische Eurostar, der mit Fahrten nach Brüssel und Paris das Schienen-Monopol für den Kanal hält.

Während die Vorschriften durchgehende Züge vorsehen, besteht der ICE aus zwei getrennten Zughälften. Eine Zulassung bekommt die Bahn nur unter der Voraussetzung, dass die Zugtüren an den Notausgängen des Tunnels liegen. "Aus meiner Sicht gibt es da keine Sicherheitsprobleme", sagte Eurotunnel-Geschäftsführer Gounon.

Noch unbestätigt ist die Idee, den Hochgeschwindigkeitsbahnhof Stratford, der fünfzehn Minuten näher am Bankenviertel liegt als King’s Cross, an die ICE-Strecke anzubinden. Damit gäbe es eine direkte Cityverbindung zwischen den zwei wichtigsten Finanzstandorten Europas.