Quelle-Aus: Wie es danach weiterging
Vor einem Jahr wurde die Schließung des Versandhauses verkündet. Die Region steht nun besser da als gedacht.
Fürth. Als Quelle heute vor einem Jahr starb, herrschte in der Region Nürnberg pure Angst und Verzweiflung: Mitarbeiter weinten in der Öffentlichkeit, Politiker standen der Situation hilflos gegenüber, Experten malten Arbeitslosenquoten von weit über zehn Prozent an die Wand.
Heute ist das Bild ein ganz anderes. Viele der gekündigten Quelle-Mitarbeiter haben einen Job, neues Leben füllt die alten Gebäude.
Und der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) sagt erleichtert: "Wir stehen jetzt eigentlich besser da als in der Zeit mit der Quelle. Die befürchtete Katastrophe ist ausgeblieben."
Dass er einmal diese Bilanz würde ziehen können, damit hatte er nicht gerechnet. Denn nach dem Niedergang von Grundig und der Schließung der AEG-Fabrik standen zum dritten Mal binnen weniger Jahre tausende Menschen in der Region über Nacht auf der Straße.
Die Insolvenz des Mutterkonzerns Arcandor am 9.Juni 2009 riss auch die Versand-sparte Primondo mit dem Flaggschiff Quelle in den Abgrund. Ein langes Tauziehen um die Rettung beginnt.
Nach zähen Verhandlungen mit den Banken kommt eine 50-Millionen-Bürgschaft des Bundes und der Länder Bayern und Sachsen zustande. Doch es ist zu spät: Das Vertrauen der Zulieferer und Dienstleister, vor allem aber der Kunden ist kaum noch zurückzugewinnen - die Bestellungen brechen ein.
In einer ersten Welle sollen 3700 der 10500 Quelle-Mitarbeiter gehen. Potenzielle Käufer schauen sich das Unternehmen an, doch keiner greift zu. Nach langem Hoffen und Bangen verkündet der Insolvenzverwalter am 19.Oktober kurz vor Mitternacht das Ende für Quelle.
Hektisch richtet die Arbeitsagentur eine Dependance im Versandzentrum ein, allein in der ersten Woche melden sich gut 2200 Betroffene arbeitslos. Insgesamt fielen 4000 Vollzeitstellen weg.
Einer der Gründe für die glimpfliche Entwicklung ist die starke Wirtschaft in der Region, die vom aktuellen Aufschwung profitiert. Doch selbst mitten in der Krise offerierten viele Firmen Jobs für Betroffene.
Zudem pumpt die Landesregierung weit über 100 Millionen Euro nach Mittelfranken und verlagert etwa das Statistikamt nach Fürth.
Konkret sind noch 781 ehemalige Quelle-Mitarbeiter arbeitslos oder in Maßnahmen "geparkt". Der ehemalige Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel ist sich sicher: "Wenn die eine Chance bekommen, sind die Vorgesetzten und Kollegen absolut überzeugt."
Die Entlassenen brächten Engagement und Loyalität mit. "Da schlägt dann der Quelle-Geist durch. Wenn der geweckt wird in der neuen Firma, ist der eigentlich unbezahlbar."