Industrie bekommt Geldprämie für Stromabschaltung
Berlin (dpa) - Große Energieverbraucher in der Industrie bekommen künftig Geld, wenn ihnen aus Gründen der Netzsicherheit notfalls der Strom abgestellt werden darf. Das sieht eine neue Abschaltverordnung vor.
Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Für die Bereitschaft, im Falle von Engpässen kürzerzutreten, soll es ein Entgelt von höchstens 60 000 Euro je Abnehmer und Jahr geben.
Kern der Verordnung ist es, dass Unternehmen mit Stromabnahmen in der Größenordnung einer mittelgroßen Stadt auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers innerhalb kürzester Zeit ihre Stromabnahme zu einem Großteil einstellen und vom Netz gehen. Die Kosten würden auf das Netzentgelt umgelegt, das die Bürger über den Strompreis zahlen. Die Maßnahme soll dazu dienen, angesichts von Atomausstieg und einer schwankenden Versorgung mit Solar- und Windenergie eine zu jeder Zeit stabile Energieversorgung zu sichern.
Da nur wenige Großverbraucher dafür infrage kommen, dürften die Mehrkosten nach Schätzung der Regierung höchstens 102 Millionen Euro pro Jahr betragen. „Damit erbringen die betroffenen Unternehmen eine für die Netzstabilität bedeutsame Leistung“, wurde im Haus von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) betont.
Infrage kommen besonders Aluminium- und Zinkhütten. Aber auch die Chemieindustrie und in geringerem Umfang Produktionsanlagen aus den Industriebereichen Papier und Glas könnten über Kapazitäten verfügen.
Seit der Abschaltung von acht Atomkraftwerken und der zunehmenden Einspeisung von Sonnen- und Windstrom hatte es Warnungen vor zu starken Belastungen für das Netz gegeben. Es fehlen noch mehrere tausend Kilometer an Höchstspannungsleitungen, um das Netz fit zu machen für die Energiewende.
Die Industrie ist nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen mit einem Verbrauch von mehr als 40 Prozent größter Stromverbraucher, daher kommt ihr bei einem flexibleren Netzmanagement eine hohe Bedeutung zu.
Die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ begrüßte die Pläne für Abschaltprämien. So müsse der Kraftwerkspark im Zuge der Energiewende nicht unnötig aufgebläht werden. „In Frankreich wird dies schon seit Jahren praktiziert und ist für die dortige Industrie kein Problem“, sagte Sprecher Jochen Stay. „Dass die Aluminiumschmelze Trimet bereits einen solchen Vertrag mit dem Netzbetreiber 50 Hertz abgeschlossen hat, zeigt, dass dies auch für Großverbraucher hierzulande machbar und ökonomisch sinnvoll sein kann“, betonte Stay.