Insider-König Rajaratnam muss elf Jahr hinter Gitter
New York (dpa) - Dies ist eine Warnung an alle Verbrecher in Nadelstreifen: Wegen verbotenen Insiderhandels muss die Wall-Street-Größe Raj Rajaratnam für elf Jahre ins Gefängnis.
Es handelt sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um die längste Haftstrafe, die jemals wegen Insiderhandels verhängt wurde. Der New Yorker Bezirksrichter Richard Holwell verkündete das Strafmaß am Donnerstag. Rajaratnams Taten seien ein „Angriff auf den freien Markt“ gewesen, sagte er.
Der Hedgefonds-Manager war im Mai von Geschworenen für schuldig befunden worden, im großen Stil illegale Aktiengeschäfte getätigt zu haben. Demnach hatten Tippgeber ihm mehrfach Interna aus börsennotierten Unternehmen verraten. Mit diesem Wissen, so befand die Jury damals, habe Rajaratnam dann an der Börse spekuliert und Millionenprofite eingestrichen.
„Noch vor zwei Jahren stand Raj Rajaratnam an der Spitze der Wall Street“, sagte US-Bundesstaatsanwalt Preet Bahara nach der Urteilsverkündung. Der Fall sei hoffentlich ein Weckruf für alle Wirtschaftskriminellen. „Befolgt das Gesetz, oder Euch steht das gleiche Schicksal bevor wie jenen, die es gebrochen haben“, mahnte Bahara.
Der Ankläger hatte sogar mehr als 24 Jahre Haft gefordert, doch mit Rücksicht auf Rajaratnams angeschlagene Gesundheit - er hat Diabetes - sah Bezirksrichter Richard Holwell davon ab. Rajaratnam, der seine Schuld bis zuletzt vehement bestritt und momentan auf freiem Fuß ist, muss sich in anderthalb Monaten an der Gefängnispforte melden.
Mit Rajaratnam, dem milliardenschweren Gründer des Hedgefonds Galleon, war ein ganzes Insider-Netzwerk aufgeflogen - die Wall Street war geschockt. Mehrere weitere Personen wurden bereits verurteilt. Der Fall hatte dazu geführt, dass Insiderhandel schärfer verfolgt wurde. Zusätzlich zur Haft muss Rajaratnam eine Geldstrafe von 10 Millionen Dollar zahlen und Gewinne aus den krummen Geschäften abgeben, was weitere 53,8 Millionen Dollar macht.
Bislang tat sich die Justiz bei komplizierten Finanzdelikten schwer, den Verantwortlichen ihre Taten nachzuweisen. Zudem galten Wirtschaftskriminelle als wenig gefährlich für die Gesellschaft. Das hat sich spätestens seit der Finanzkrise geändert.
Im Fall des 54-jährigen Rajaratnam setzte die Staatsanwaltschaft Methoden ein, die sie sonst eher für die organisierte Kriminalität benutzt: Ermittler zapften Rajaratnams Telefon an. Vor Gericht spielten diese Mitschnitte eine zentrale Rolle. Auf den Bändern war zu hören, wie Rajaratnam mit seinen Kontaktleuten spricht und sich streng vertrauliche Firmeninterna beschafft, etwa die neuesten Geschäftszahlen oder Übernahmepläne. Ende 2009 ließen die Ermittler Rajaratnam dann hochgehen. Er beharrte bis zuletzte darauf, dass er sich seine Informationen auf legalem Wege beschafft habe.
Zu den bekannten Namen, die in die Affäre hineingezogen wurden, gehörten die Investmentbank Goldman Sachs, die Beratungsgesellschaft McKinsey, die Halbleiter-Konzerne AMD und Intel oder das Computerurgestein IBM. In manchen Fällen hatte Rajaratnam nach Ansicht des Gerichts seine Tipps direkt aus den Führungszirkeln der Häuser erhalten, in anderen Fällen waren die Firmen lediglich das Opfer.
Der Handel mit Aktien auf der Grundlage geheimer Informationen ist verboten, weil es andere Anleger benachteiligt. Mit dem Wissensvorsprung kann abgeschätzt werden, wie sich Kurse entwickeln - enorme Gewinne können die Folge sein. Oder man kann Verluste vermeiden, indem man seine Aktien rechtzeitig verkauft.
Ende 2010 war ein weiteres Insiderhandels-Netzwerk aufgeflogen, das unter anderem Profit aus Firmengeheimnissen von Apple geschlagen hatte. Auch hier gab es schon mehrere Verurteilungen. Die bislang höchste Strafe unter den Wirtschaftskriminellen bekam allerdings Milliardenbetrüger Bernard Madoff, der seine Anleger mit einem Schneeballsystem um 20 Milliarden Dollar gebracht hatte. Madoff sitzt für 150 Jahre ein.