Januar-Arbeitslosigkeit weckt Hoffnung auf Job-Boom
Nürnberg/Berlin (dpa) - Die ungewöhnlich niedrige Januar- Arbeitslosigkeit hat die Hoffnung auf einen Job-Boom 2012 geweckt. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechne auch in den kommenden mit einer Fortsetzung des Aufschwungs.
Bisher gebe es keine Hinweise, dass deutsche Unternehmen in größerem Umfang Entlassungen planten, sagte das BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker in Nürnberg. Beckers bestätigte damit die Einschätzung von Konjunkturforschern und einiger Großbanken, die eine nahtlose Fortsetzung des deutschen „Jobwunders“ im laufenden Jahr nicht mehr ausschließen.
Der Arbeitsmarkt ist robust ins neue Jahr gestartet. Trotz schwächelnder Konjunktur weist die Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Jahresbeginn mit 3,082 Millionen die niedrigste Januar-Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren aus. Die psychologisch wichtige Drei-Millionen-Marke wurde zwar erstmals seit neun Monaten überschritten. Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sieht den Anstieg aber rein saisonbedingt. Wegen des Winterwetters ruhte auf vielen Baustellen die Arbeit.
Die Zahl der Erwerbslosen stieg im Januar verglichen mit dem Vormonat um 302 000, im Vergleich zum Jahresbeginn vor einem Jahr fiel sie aber um 264 000, wie Weise am Dienstag in Nürnberg berichtete. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich im Vergleich zum Dezember um 0,7 Punkte auf 7,3 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 7,9 Prozent gelegen.
Ohne die im Januar üblichen Saisoneffekte wäre die Zahl der Erwerbslosen um 34 000 gesunken. Dies zeige, dass der Arbeitsmarkt weiterhin einen kräftigen Schub von der Konjunktur bekomme, erläuterte Weise. Die Auftragsbücher der Unternehmen seien voll; entsprechend groß sei der Bedarf der Firmen an zusätzlichen Arbeitskräften, wie die Rekordzahl an offenen Stellen im Januar zeige.
Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) reagierte am Dienstag gelassen auf den Anstieg der Januar-Arbeitslosigkeit. „Der Januar ist und bleibt der klassische Monat, in dem sich die Unternehmen mit Neueinstellungen zurückhalten“, sagte sie am Dienstag in Berlin. Grundsätzlich halte die positive Entwicklung aber an. So seien zum Ende des letzten Jahres 1,3 Millionen mehr Menschen in Arbeit gewesen als ein Jahr zuvor.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler bewertete die Lage am Arbeitsmarkt als erfreulich robust. „Der Arbeitsmarkt legt keinen Winterschlaf ein“, sagte der FDP-Chef.
Für Irritationen sorgte die Bundesagentur unterdessen mit ihrer Statistik zur Zahl der Langzeitarbeitslosen. Im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Erfassungssystem räumte die BA am Dienstag ein, dass der entsprechende Wert höher liege als sie bisher angenommen worden war. So waren im Jahresdurchschnitt 2011 nach neuesten Erkenntnissen 1,056 Millionen Männer und Frauen länger als ein Jahr arbeitslos gewesen; dies seien rund 97 000 mehr als bisher in der offiziellen Statistik ausgewiesen.
Ein Beleg für die unverändert gute Lage am Arbeitsmarkt ist für die Bundesagentur auch die rasante Zunahme der Beschäftigung. Danach gab es zuletzt im Dezember 41,47 Millionen Erwerbstätige in Deutschland; dies sind 572 000 mehr als im Dezember 2010, berichtete BA-Chef Weise. Besonders stark wuchs binnen Jahresfrist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze: Zwischen November 2010 und November 2011 entstanden nach BA-Erkenntnissen 721 000 neue Stellen. Die Gesamtzahl lag zu diesem Zeitpunkt bei rund 29 Millionen.
„Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wächst seit zwei Jahren und hat das Niveau von 2009 weit hinter sich gelassen“, stellte der Bundesagentur-Chef zufrieden fest.
Vom Dachverband der Gewerkschaften kritisierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in Berlin: „Jede zweite Neueinstellung erfolgt nur befristet. Rund ein Drittel der freien Stellen ist in der Leiharbeitsbranche.“ Der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erklärte, die Arbeitsnachfrage der Unternehmen sei so hoch wie lange nicht mehr und forderte zugleich, die hohe Arbeitslosigkeit von Geringqualifizierten und der wachsende Fachkräftemangel müssten angegangen werden.
Oppositionsparteien im Bundestag sprachen unterdessen von einer „Jobwunderlegende“ und einem „Boom der Billigjobs“. „Atypische und prekäre Beschäftigung zu Billiglöhnen bleibt auch 2012 das bestimmende Element am deutschen Arbeitsmarkt“, kritisierte Sabine Zimmermann von der Fraktion der Linkspartei. Dass die Zahl Arbeitslosen im Januar niedriger sei als vor einem Jahr, liege vor allem am Boom der Billigjobs. Die Bundesregierung müsse endlich den Niedriglohnbereich eindämmen. Auch nach Ansicht der Grünen im Bundestag sind viele der neu entstandenen Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich entstanden. Zudem fielen immer mehr Jobsucher aus der Arbeitsmarktstatistik raus, ohne einen Job gefunden zu haben.