Japan-Drama: Börsen unter Druck
In Tokio gab es den größten Kursrutsch seit Oktober 2008. Die Aktien von Kraftwerksherstellern brechen ein.
Tokio/Frankfurt. Europas Börsen haben weitgehend dem Sog der Panikverkäufe in Tokio getrotzt. Eine Panik an den wichtigsten europäischen Börsen sowie einigen Schlüsselmärkten in Asien blieb am Montag aus. Zwischenzeitlich schafften einige europäische Indizes sogar den Sprung ins Plus, bevor sie ins Minus abrutschten. Der Nikkei-225-Index erlebte in Tokio zwar den größten Kursrutsch seit Oktober 2008, die Börsen in China, Hongkong und Südkorea legten aber zu.
Allerdings haben nach den dramatischen Ereignissen in Japan viele Anleger rund um die Welt das Vertrauen in die heikle Technik verloren. Die Aktien der Hersteller von Atommeilern brachen am Montag ein. Am schlimmsten traf es den japanischen Branchenprimus Toshiba, dessen Wert um 16 Prozent einknickte. Toshiba hatte eine teure Wette auf die Kernkraft abgeschlossen, als die Japaner 2006 für 5,4 Milliarden Dollar den US-Anbieter Westinghouse schluckten und zum Branchenprimus noch vor Areva aufstiegen. Die Papiere der staatlich kontrollierten französischen Areva büßten gut acht Prozent ein. Auch Areva hatte auf die Wiederbelebung der Kernkraft gesetzt.
Auch die deutschen Energieversorger haben Milliarden ihres Börsenwerts eingebüßt: Die Papiere von Eon verloren 5,26 Prozent. RWE folgte mit einem Minus von 4,77 Prozent. Gründe dafür waren die geplante Überprüfung der verlängerten Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke sowie die von der Bundesregierung angekündigte kurzfristige Abschaltung von drei deutschen Atomkraftwerken.
Auch die Aktien der beiden Rückversicherer Munich Re (minus 3,36 Prozent) und Hannover Rück (minus zwei Prozent) verloren am Montag überdurchschnittlich an Wert. „Die Branche dürfte unter Druck bleiben, nachdem das verheerende Ausmaß der Katastrophe in Japan erst nach und nach deutlich wird“, sagte ein Börsianer. Der Dax insgesamt verlor 1,65 Prozent auf 6866,63 Punkte.
Erneuerbare Energiewerte, speziell Solartitel, haben dagegen an der Frankfurter Börse kräftig zugelegt. Die Titel des Windkraftanlagenbauers Nordex schossen um knapp 18 Prozent auf 6,85 Euro hoch. Noch deutlicher nach oben ging es für das Solarunternehmen Conergy mit plus 21,94 Prozent. Die Rolle der Solarenergie dürfte nach dem Atomunfall in Japan wieder stärker in den Mittelpunkt rücken, hieß es von den Experten der Unicredit.
Analysten der US-Investmentbank Merrill Lynch erklärten die eher besonnene Reaktion der Anleger rund um den Globus mit der weltwirtschaftlichen Bedeutung Japans. Das Land spiele heutzutage nicht mehr die zentrale Rolle wie noch 1995, dem Jahr des schweren Erdbebens in Kobe. Entsprechend hätten zwar andere asiatische Märkte nach der Katastrophe zunächst nachgegeben, sich dann aber relativ schnell wieder erholt.