Jeder dritte Deutsche fürchtet Immobilienblase

Stuttgart (dpa) - Jeder dritte Deutsche sieht wegen der Flucht vieler Anleger ins „Betongold“ im Zuge der Finanzkrise einer Studie zufolge die Gefahr einer Immobilienblase.

59 Prozent der Menschen halten es dagegen für unwahrscheinlich, dass in den nächsten zwei Jahren am deutschen Markt eine Überhitzung mit anschließendem Preisverfall entsteht. Das ergab eine Umfrage des Marktforschungsinstituts TNS Infratest im Auftrag des Stuttgarter Finanzkonzerns Wüstenrot & Württembergische (W&W), die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.

Demnach halten 44 Prozent der Menschen bereits jetzt die Immobilienpreise für deutlich überhöht. Besonders verbreitet ist dieses Empfinden in Bayern (64 Prozent der Befragten). Knapp die Hälfte der Bevölkerung hierzulande rechnet in den nächsten beiden Jahren mit einem weiteren deutlichen Preisanstieg.

Nach Ansicht von mehr als der Hälfte der Deutschen ist wegen des niedrigen Zinsniveaus jetzt der richtige Zeitpunkt für die Verwirklichung ihrer Immobilienpläne - trotz der bereits gestiegenen Preise. Fast jeder Zehnte will in den kommenden zwei Jahren ein Haus oder eine Wohnung bauen oder kaufen und dort dann auch selbst einziehen. Als Vorteil der niedrigen Zinsen sieht der Studie zufolge jeder Vierte, dass er sich eine teurere Immobilie leisten kann als eigentlich geplant.

Trotz der bereits stark gestiegenen Preise sehen zwei Drittel der Deutschen Immobilien als sicherste Geldanlage. Noch eindeutiger fällt das Ergebnis bei Menschen aus, die bereits ein Haus oder eine Wohnung haben, hier sind es fast drei von vier Menschen. Ebenfalls drei von vier Bundesbürgern halten eine Immobilie für die beste Form der Altersvorsorge. Unter den Menschen, die in den nächsten beiden Jahren kaufen oder bauen wollen, sind es sogar neun von zehn. Für die Studie wurden mehr als 1000 Menschen befragt.

„Die Bundesbürger haben ganz klar die Vorteile der historisch niedrigen Zinsen in Deutschland für die Immobilienfinanzierung und energetische Sanierung ihrer Immobilie für sich entdeckt“, sagte Bernd Hertweck, Vorstandsmitglied der Wüstenrot Bausparkasse. „Aber auch in Zeiten niedriger Zinsen gilt, dass sowohl bei der Auswahl der Immobilie als auch bei der Finanzierung die langfristigen Rahmenbedingungen wie das verfügbare Einkommen und die Zinsentwicklung im Auge behalten werden muss.“

Die Preise für Wohnimmobilien sind in der Tat zuletzt deutlich gestiegen. Nach Zahlen der Bundesbank, die mit einem Index die Hauspreise in 125 Städten misst, ist das Preisniveau im vergangenen Jahr ungewöhnlich stark um 5,5 Prozent gestiegen, nach einem Plus um 2,5 Prozent ein Jahr zuvor. Die Gefahr einer Immobilienblase sehen viele Experten jedoch nicht. Denn erstens hat Deutschland Nachholbedarf und zweitens soll nach der Einschätzung von Experten in diesem Jahr der Immobilienmarkt nicht mehr so stark wachsen.

Dem Immobilienmarktbericht des Arbeitskreises der amtlichen Gutachterausschüsse zufolge werden 2012 die Preise für Grundstücke für Einfamilienhäuser wenig steigen. Leichte Erhöhungen werde es bei Eigentumswohnungen und Mietshäusern geben, heißt es in dem Bericht. Eine spekulative Blase sehen die Verfasser nicht, denn die meisten Investoren folgten den wichtigen Daten Mieteinnahmen, Lage, Substanz und Nutzungsmöglichkeiten.

Im vergangenen Jahr wechselten dem Bericht zufolge Immobilien im Wert von etwa 170 Milliarden Euro den Eigentümer - annähernd wieder so viel wie im langjährigen Spitzenjahr 2007. Auch die Zahl der Kaufverträge stieg deutlich von 912 000 im Jahr 2009 auf geschätzte 1,1 Millionen 2011.

Aber Deutschland hat auch einiges nachzuholen. Dem jüngsten Preisanstieg am Häusermarkt ging eine lange Periode sinkender Preise voran. Nach einem Bauboom infolge der Wiedervereinigung sanken die Hauspreise seit etwa 1995 zehn Jahre lang. Erst 2005 stabilisierten sie sich.