Energie Fast die Hälfte des Stroms in EU aus Erneuerbaren

Brüssel · 2050 will die EU klimaneutral sein - dazu braucht es auch Veränderung bei der Energie. Ein Bericht zeigt, dass Solarkraft immer mehr genutzt wird. An anderer Stelle geht es weniger steil bergauf.

Der Ember-Analyse zufolge kommt in der EU immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien.

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Der Anteil fossiler Energien am Strommix in der Europäischen Union ist im vergangenen Jahr einer Analyse zufolge so klein wie noch nie gewesen. So fiel der Anteil des durch Kohle erzeugten Stroms auf unter 10 Prozent, wie aus einem Bericht der Denkfabrik Ember hervorgeht. Stromerzeugung aus Gas ging demnach das fünfte Jahr in Folge zurück und hatte 2024 noch einen Anteil von knapp 16 Prozent. Zusammen mit anderen Energieträgern wie Öl oder Müll machten fossile Brennstoffe etwa 29 Prozent der Stromerzeugung in der EU aus.

Der Analyse zufolge kommt dafür in der EU immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien - 2024 mit 47,5 Prozent knapp die Hälfte. So wurden demnach im vergangenen Jahr gut 11 Prozent des Stroms aus Solarenergie gewonnen, gut 17 Prozent kamen aus Windkraft. Stromerzeugung aus Sonnenkraft nehme in allen EU-Ländern zu, teilte Ember mit. Auch Wasserkraft sowie aus Biomasse gewonnene Energie tragen zum Anteil Erneuerbarer bei. Atomkraft hatte 2024 einen Anteil von fast 24 Prozent am Strommix.

„Fossile Brennstoffe verlieren Einfluss“

Lob für Deutschland für den Ausbau der Windenergie.

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„Fossile Brennstoffe verlieren ihren Einfluss auf die Energieversorgung der EU“, sagte Chris Rosslowe von Ember. „Beim Start des europäischen Green Deals im Jahr 2019 hätten nur wenige gedacht, dass die Energiewende in der EU so weit fortgeschritten sein könnte.“ Für den Bericht analysierten die Autoren Daten zur Stromerzeugung und -nachfrage in allen 27 EU-Ländern.

Zwar sei die Energiewende in der Staatengemeinschaft in den letzten fünf Jahren schneller vorangekommen als irgendjemand erwartet habe, so Rosslowe weiter. Weitere Fortschritte seien aber nicht selbstverständlich. „Die Umsetzung muss beschleunigt werden, insbesondere im Windsektor, der mit besonderen Herausforderungen und einer wachsenden Umsetzungslücke zu kämpfen hat.“ Denn während vor allem bei der Solarenergie ein großer Zuwachs (plus 21,7 Prozent) zu erkennen ist, stagniert der Anteil der Windkraft nahezu: Laut Ember war 2024 im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 1,5 Prozent zu verzeichnen.

Windenergieverband kritisiert lange Genehmigungsverfahren

Aus Sicht des Verbands WindEurope sind lange Genehmigungsverfahren nach wie vor ein zentrales Hindernis für den Ausbau. Zwar gebe es verbindliche neue EU-Genehmigungsvorschriften - diese hätten viele Länder aber noch nicht in nationales Recht umgesetzt, kritisierte der Verband Anfang des Monats.

EU-weit seien im vergangenen Jahr ersten Schätzungen zufolge rund 13 Gigawatt (GW) neu gebaut worden. Nötig seien allerdings 30 GW pro Jahr, um das Ausbauziel der Staatengemeinschaft bis 2030 zu erreichen, hieß es.

Deutschland ist bei Windkraft Musterschüler

Vor allem für Deutschland gab es aber Lob: Mit Genehmigungen für fast 15 GW Windenergie an Land sei ein nationaler Rekord erreicht worden. „Die Regierungen müssen dem deutschen Beispiel folgen, wenn es ihnen mit der Energiesicherheit und der industriellen Wettbewerbsfähigkeit ernst ist“, teilte der Verband mit.

Zahlen der Bundesnetzagentur von Anfang Januar zufolge ist die in Deutschland installierte Kapazität an erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr um 12 Prozent auf knapp 190 GW gestiegen. Demnach seien fast 20 GW neu installiert worden, das Wachstum entfalle vor allem auf die Energieträger Wind und Solar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, die erneuerbaren Energien übernähmen mittlerweile die Hauptaufgabe bei der Stromerzeugung in der Bundesrepublik. „Gleichzeitig haben wir so wenig Kohle verstromt wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“

EU will klimaneutral werden

Der Green Deal ist ein Maßnahmen- und Gesetzespaket aus der vergangenen Legislaturperiode in der EU, das unter anderem für einen drastischen Rückgang der Treibhausgasemissionen sorgen soll. Ziel ist, dass die Staatengemeinschaft bis 2050 klimaneutral wird - also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. Das Gesetzespaket umfasst neue Vorgaben in Bereichen wie Energie, Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft. Nachdem in der Vergangenheit der Großteil der neuen Vorschriften auf den Weg gebracht wurde, geht es nun hauptsächlich um die Umsetzung.

Die Bemühungen der EU, wegen Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine unabhängig von Gas aus Russland zu werden, haben die Dringlichkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energiequellen in der Staatengemeinschaft weiter verstärkt.

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(dpa)