Jetzt kämpft auch China gegen Schuldenkrise

Peking (dpa) - Auch China muss mit einer Schuldenkrise kämpfen. Um die Gefahren für sein Bankensystem einzudämmen, hat die Regierung in Peking am Donnerstag neue Finanzierungskanäle für lokale Regierungen geöffnet.

Erstmals seit 17 Jahren wird vier großen Wirtschaftszentren wieder erlaubt, eigene Anleihen herauszugeben.

Der Chef der Bankenaufsicht, Liu Mingkang, versuchte, Investoren zu beruhigen, räumte aber „versteckte Risiken“ durch einen Mangel an behördlicher Kontrolle und die Geschäfte lokaler Finanzorgane ein.

Aus Sorge über die Finanzprobleme, ein langsameres Wachstum in China und die ungelöste Schuldenkrise in Europa fiel der Aktienmarkt in Shanghai auf den niedrigsten Stand seit 31 Monaten. Hinter den Problemen in China stecken hoch verschuldete lokale Regierungen und ihre Finanzorgane sowie ein Schattenbankensystem, das durch Pleiten kleiner Unternehmen erschüttert wird. Sorgen gibt es ferner über einen möglichen Berg fauler Kredite und die Immobilienblase.

Der oberste Bankenwächter Liu Mingkang versicherte, die Probleme kämen nicht völlig unerwartet. Die Regierung schenke ihnen „große Aufmerksamkeit“. Es seien „wirksame Maßnahmen“ ergriffen worden, sagte Liu Mingkang in einer Rede. „Die gesamten Risiken sind in den Griff zu bekommen.“ Rating-Agenturen und Analysten „unterschätzen“ die Fähigkeit des Landes, seine Reformen umzusetzen. Sie redeten schlecht über die chinesische Wirtschaft und seine Bankenindustrie.

Sein Hinweis, dass die chinesischen Banken sogar einen möglichen Preiseinbruch von 40 Prozent am überhitzten Immobilienmarkt aushalten könnten, ließ allerdings die Kurse von Immobilienunternehmen kräftig fallen. Aus Sicht von Beobachtern ist die Schaffung neuer Finanzkanäle für lokale Regierungen aber ein erster Schritt, deren Schuldenprobleme anzupacken. Für das Pilotprojekt wurden die Metropolen Shanghai und Shenzhen sowie die Provinzen Zhejiang und Guangdong ausgewählt, die als Motoren des Wachstums gelten.

Der Schritt werde den Erwartungen nach „die finanziellen Belastungen mildern und die sich schnell ausbreitenden Schuldenrisiken eindämmen“, schrieb die Staatsagentur Xinhua. Lokale Regierungen sollen damit ihre Schulden bei den Banken bezahlen und Umschuldungen vornehmen. In dem Konjunkturprogramm zur Bewältigung der Weltwirtschaftskrise hatten seit 2008 auch die Lokalregierungen den Geldhahn kräftig aufgedreht und sich damit übernommen.

Der chinesische Rechnungshof bezifferte die Schulden lokaler Regierungen im Dezember auf 10,7 Billionen Yuan, umgerechnet 1,2 Billionen Euro - oder rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts. Ausländische Experten schätzen die Schulden aber noch höher ein.

Ein weiteres Problem ist das Schattenbankenwesen in China. Es hat kleine und mittelgroße Unternehmen bislang recht effektiv mit Krediten versorgt, wenngleich zu überhöhten Zinsen. Große Banken geben diesen Privatunternehmern normalerweise keine Kredite. Eine Welle von Pleiten wie in der Boomregion von Wenzhou in der Provinz Zhejiang hat das System jetzt schwer erschüttert. Nach chinesischen Medienberichten haben sich dort fast 100 Fabrikbesitzer abgesetzt, weil sie die Kredite und hohen Zinsen nicht mehr bezahlen konnten.

Da ein Großteil der Geldmittel in dem Schattenbanksystem über Umwege aus dem regulären Bankwesen stammt, droht die Krise auf das gesamte Finanzsystem überzuschwappen. Wie ernst die Lage ist, zeigte der jüngste Besuch von Regierungschef Wen Jiabao in Wenzhou. Er versprach Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen, die zur Hälfte zur Wirtschaftsleistung beitragen. Auch wollen die Behörden scharf gegen Kredithaie vorgehen. Beobachter fürchten aber, dass eine stärkere Kontrolle diese illegalen Finanzkanäle nur noch weiter austrocknet, obwohl sie eine wichtige Stütze den Privatsektor ist.