Käseskandal erschüttert Europa

Alter Käse ist nicht gleich schlechter Käse. Für Mozzarella oder Gorgonzola darf dies allerdings nicht gelten. Italienische Ermittler deckten nun auf, dass in den letzten zwei Jahren über 11.000 Tonnen vergammelter Käse unter anderem auch im deutschen Einzelhandel verkauft wurden.

Rom (dpa). Ein neuer Lebensmittelskandal erschüttert Italien und seine berühmte mediterrane Küche. Dieses Mal geht es nicht um gepanschten Wein oder gefälschtes Olivenöl, sondern um ein anderes Hauptprodukt der weltweit beliebten "cucina italiana": Käse. Ob Mozzarella, Gorgonzola oder Provola - die Milchprodukte der Apennin- Halbinsel gehören seit Jahren auch in Deutschland auf die Tafel eines jeden Feinschmeckers.

Das könnte sich jetzt schlagartig ändern. Am Freitag wurde bekannt, dass eine kriminelle Bande vergammelten und schimmeligen Käse in Italien und Deutschland so aufbereitet hat, dass er als Frischprodukt in Supermärkten angeboten wurde.

Mit dem Recycling von Käse-Abfällen, die höchstens noch zu Tierfutter verarbeitet werden sollten, haben die Täter Dutzende Millionen Euro verdient. "Aber für die Gesundheit der Konsumenten war das eine ökologische Bombe", kommentierte die Zeitung "La Repubblica".

Betroffen seien unter anderem Scheibletten, Mozzarella und Gorgonzola so berühmter Marken wie Galbani, Granarolo und Prealpi. Verarbeitet wurde der Gammel-Käse in drei norditalienischen Unternehmen und in einem Werk im bayerischen Woringen.

Bei ihren Ermittlungen stießen die Beamten auf geradezu widerliche Fundstücke: In mehreren Fabriken fanden sie Käsereste mit Würmern, Maus-Exkrementen, Tinte, Plastik und sogar winzigen Eisenstückchen. Eine "Spezialität" der Bande sei es zudem gewesen, wegen des abgelaufenen Verfallsdatums vom Markt genommenen Mozzarella sowie verfaulte Scheibletten auf neu zu trimmen, erklärten Polizisten.

In einer Kühlzelle sei gar Schnittkäse aus dem Jahr 1980 entdeckt worden, der - neu aufgemischt und gesäubert - auf den Tischen von Deutschen und Italienern landen sollte. "Es war Ekel erregend", erinnert sich Polizeikommandant Mauro Santonastaso aus Cremona.

Die Polizei war der Gruppe rund um einen 46-jährigen Unternehmer aus Sizilien vor zwei Jahren auf die Spur gekommen. Damals hielten Ermittler in Norditalien einen Lastwagen an, aus dessen Laderaum abscheulicher Gestank drang. Der Käse, den die Polizisten fanden, sollte zur Weiterverarbeitung an die Firma Megal in dem Örtchen Vicolungo geliefert werden - jedoch sei er bereits völlig verfault gewesen, hieß es. Durch das Abhören von Telefongesprächen deckten Spezialisten den Skandal jetzt auf.

"Dabei wurde auch die völlige Skrupellosigkeit der Verdächtigen deutlich", schrieb "La Repubblica". Ohne Umschweife wurde der Käse bei den Telefonaten als "merda" (Scheiße) bezeichnet, die "gesäubert und in Ordnung gebracht" werden müsse. "Aber das bleibt unter uns", sagte ein Fabrik-Manager zu seinem Chef. Die Fabrikangestellten wussten hingegen von dem Schwindel, wie sie jetzt bei der Polizei zugaben. Jedoch habe niemand etwas unternommen.

In den vergangenen zwei Jahren seien 11 000 Tonnen Uralt-Käse in Frisch-Produkte verwandelt worden. Sie seien in Supermarkt-Regalen in ganz Europa gelandet - unter anderem auch in Deutschland.

Um den widerwärtigen Schwindel ungestört durchziehen zu können, hatte die Bande den Angaben zufolge auch Verbündete bei der örtlichen Gesundheitsbehörde: Der Direktor und zwei Mitarbeiter sollen ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sein und Kontrollen in den Käse- Werken frühzeitig angekündigt haben.