Karstadt ringt um Weg aus der Krise
Der neue Chef Stephan Fanderl steht bereits an seinem ersten Arbeitstag in der Kritik — sein Konzept ist umstritten.
Essen. Das Urteil des neuen Karstadt-Chefs Stephan Fanderl über die vergangenen vier Jahre fällt vernichtend aus. „Karstadt hat in dieser Zeit an der Kernzielgruppe vorbei gearbeitet und dafür die brutale Quittung bekommen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Fast ein Drittel der treuesten Kunden hätten dem Unternehmen seit der Insolvenz 2009 den Rücken gekehrt.
Der 51-jährige Manager will nun mit harter Hand gegensteuern. Sechs Häuser, die rote Zahlen schreiben, sollen noch im kommenden Jahr geschlossen werden, darunter zwei klassische Warenhäuser. Weitere könnten folgen. Außerdem fordert Fanderl Lohnzugeständnisse der Belegschaft, die bei der Gewerkschaft Verdi zu einem empörten Aufschrei führen.
Doch Fanderl will nicht nur sparen, sondern Karstadt auch neu ausrichten. Die 81 verbleibenden Filialen sollen in zwei Gruppen aufgeteilt werden: Elegante Erlebnishäuser in Städten wie München oder Hamburg und Nahversorger in Orten wie Mannheim oder Rosenheim. Dabei setzt der neue Chef auf die Unterstützung des neuen Karstadt-Eigentümers René Benko. Der werde in den kommenden Jahre eine dreistellige Millionensumme in das Zukunftskonzept investieren, erklärt Fanderl.
Es ist umstritten, ob Fanderls Konzept geeignet ist, um Karstadt zu retten. Das Urteil des Handelsexperten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein fällt vernichtend aus. „Was Herr Fanderl da vorhat, kann nach bisheriger Erfahrung nicht funktionieren.“ Es sei meilenweit von dem entfernt, was nötig sei, um Karstadt zukunftsfähig zu machen.
„Karstadt müsste sich die Warenhäuser in Großbritannien oder in den USA zum Vorbild nehmen, die konsequent auf das Internet setzten“, meint Heinemann. Aber das koste viel Geld. Fanderl scheine dagegen dem Grundsatz zu folgen, nur kein Geld in die Hand nehmen zu müssen. „Diese billige Tour hat Karstadt schon mehrmals versucht. Aber noch einmal wird die Warenhauskette das sehr wahrscheinlich nicht überleben“, meint der Handelsexperte.
Ganz anderer Meinung ist Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Er meint: „Karstadt kann die Wende schaffen, wenn sich das Unternehmen auf die immer noch vorhandenen Stärken besinnt und einfach die klassische Warenhausarbeit gut macht, statt das Rad neu erfinden zu wollen.“