Dividende und Kurzarbeit Konzerne schütten Gewinne aus und kassieren Soforthilfe – geht das zusammen?

Düsseldorf · Börsennotierte Konzerne schütten Gewinne aus und nehmen gleichzeitig Staatshilfe in Anspruch. Dagegen gibt es Widerstand, aber rechtlich ist es sauber.

Der Chemiekonzern BASF sieht kein Problem darin, Dividende zu zahlen und gleichzeitig Kurzarbeitergeld mitzunehmen.

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Carsten Schneider regte sich mächtig auf. „Das ist die hässliche Fratze des Kapitalismus“, twitterte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Schneider kritisierte die Tatsache, dass zahlreiche börsennotierte Unternehmen in Corona-Zeiten Dividende ausschütten – und ihre Mitarbeiter gleichzeitig vom Staat über Kurzarbeitergeld bezahlen lassen. „Ich bin deshalb in diesen Fällen für einen generellen Dividendenstopp“, formulierte Schneider seine Forderung. „Kurzarbeitergeld ist eine Staatshilfe. Wer auf Staatshilfe setzt, kann nicht gleichzeitig Gewinne an Aktionäre ausschütten.“

Das sehen viele Unternehmen allerdings anders. Und rechtlich ist das Verhalten dieser Konzerne auch nicht zu beanstanden, weil es Gesetze oder Verordnungen im Sinne Schneiders nicht gibt. Nach „Handelsblatt“-Berechnungen wollen Deutschlands Unternehmen in diesem Jahr knapp 44 Milliarden Euro an ihre Aktionäre überweisen.

Beim VW-Konzern hat der Vorstand ebenfalls kein Problem mit dem Gleichklang von Dividende und Kurzarbeitergeld. Weil es wegen Corona Absatzeinbrüche gibt, sind bei VW in Deutschland derzeit rund 80 000 Beschäftigte in Kurzarbeit.

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Zum Beispiel der Chemie-Gigant BASF aus Ludwigshafen. 3,30 Euro je Aktie soll es geben. Damit dürfen sich die Aktionäre auf etwa drei Milliarden Euro freuen. Gleichzeitig hat BASF Mitarbeiter an etlichen deutschen Standorten in Kurzarbeit geschickt.

Diesen Weg geht auch der Autozulieferer Continental aus Hannover. Das Unternehmen will vier Euro je Aktie zahlen, hat aber für 30 000 Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet – das ist jeder zweite Beschäftigte in Deutschland. Der Münchner Autobauer BMW schickte knapp 20 000 Beschäftigte in den deutschen Werken in Kurzarbeit, will aber 2,50 Euro je Aktie und damit 1,6 Milliarden Euro ausschütten.

Adidas verzichtet auf Dividende, damit der Notkredit kommt

Beim VW-Konzern hat der Vorstand ebenfalls kein Problem mit dem Gleichklang von Dividende und Kurzarbeitergeld. Weil es wegen Corona Absatzeinbrüche gibt, sind bei VW in Deutschland derzeit rund 80 000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Dennoch sollen knapp 3,3 Milliarden Euro an die Aktionäre fließen. Der Lkw- und Bahnzulieferer Knorr-Bremse verschuldet sich sogar, um die versprochene Dividende von rund 300 Millionen Euro zahlen zu können. An fast allen deutschen Standorten gilt zeitgleich Kurzarbeit.

Dass es andere Optionen gibt, zeigen der Sportartikelhersteller Puma, die Bekleidungskette Hugo Boss und der Triebswerkshersteller MTU. Weil sie Kurzarbeit angemeldet haben, verzichten sie auf die Zahlung einer Dividende. Damit bilden sie aber Ausnahmen.

Jüngst teilte auch Adidas mit, auf die Zahlung einer Dividende verzichten zu wollen. Damit wollte der Sportartikelmacher öffentlichen Ärger vermeiden. Denn er beantragte gleichzeitig mehr als 2,4 MIlliarden Euro aus dem Hilfsprogramm bei der Staatsbank KfW. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Staatskredite für Unternehmen in der Krise abgelehnt werden, wenn sie jetzt noch Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten. An einer solchen Rechtsverordnung wird derzeit von der Bundesregierung gearbeitet. Mit Einschränkungen müssen aber wohl nur jene Unternehmen rechnen, die Notkredite in Anspruch nehmen. Dass die Ausschüttung von Dividenden den Zugang zum Kurzarbeitergeld versperrt, ist nicht zu erwarten.