Kraftstoff-Chaos und kein Ende

Berlin (dpa) - E10, Super, teuer: Nach dem Debakel um den ungeliebten Biosprit sollten sich mit der Wiedereinführung des gewohnten Super eigentlich die Gemüter der Autofahrer beruhigen. Doch daraus wird nichts.

Das Kraftstoff-Chaos kommt jetzt im Bundestag auf die Tagesordnung.

An vielen Tankstellen in Deutschland gibt es zwar wieder das gewohnte Superbenzin zu kaufen, doch die Autofahrer müssen dafür nun oftmals tiefer in die Tasche greifen. Nach einer Stichprobe der „Bild“-Zeitung (Dienstag) wird der Kraftstoff mit fünf Prozent Ethanol und 95 Oktan an manchen Zapfsäulen zum gleichen Preis angeboten wie das hochwertigere Super Plus (98 Oktan). Schon am Mittwoch will der Bundestag über die Spritpreise debattieren.

Nach dem Chaos um den umstrittenen Biosprit E10 bieten viele Tankstellen nun wieder den gewohnten Superkraftstoff an. Aral und Shell haben das für ihre Stationen in Süd- und Ostdeutschland angekündigt, aber noch nicht gestartet. Der Biokraftstoff E10 mit zehn Prozent Ethanol ist bislang bei den Autofahrern weitgehend durchgefallen. Bislang gibt es nur wenige Tankstellen, die drei Benzinsorten anbieten, E10 und E5 mit 95 Oktan und eine weitere Sorte mit 98 Oktan. In Nord- und Westdeutschland gibt es noch kein E10. Dadurch ist die Lage unübersichtlich.

Der Automobilclub ADAC wirft den Unternehmen angesichts ihrer Preisgestaltung Abzocke vor. „Das ist der dreiste Versuch, den Autofahrern das Geld aus der Tasche zu ziehen. So kann es eigentlich nicht weitergehen“, sagte ADAC-Sprecher Klaus Reindl der Nachrichtenagentur dpa.

Aral-Sprecher Detlef Brandenburg wies diesen Vorwurf zurück. Er betonte, dass an den Zapfsäulen der Marktführers Super „mit Super-Plus-Qualität“ verkauft werde, nämlich mit 98 Oktan. Am Montag hatte auch der Branchenzweite Shell bekanntgegeben, zum gewohnten Kraftstoff mit fünf Prozent Ethanol und 95 Oktan zurückkehren zu wollen. Shell-Sprecherin Cornelia Wolber sagte, die Umstellung werde noch bis Ende April, Anfang Mai dauern.

Total Deutschland begründete die Preise laut „Bild“ mit „logistischen Herausforderungen im Rahmen der E10-Umstellung“. Sprecher Manuel Fuchs sagte dem Blatt: „Wir verkaufen in einigen Regionen Deutschlands Super Plus und Super für denselben Preis.“ Andernfalls würden Tankstellen „beim herkömmlichen Super 95 leer gekauft“.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte die Mineralölkonzerne bei ihrer Preispolitik für das gewohnte Superbenzin zum Umlenken auf: „Es kann nicht sein, dass die Ölfirmen dafür einen Preis verlangen wie vorher für Super Plus“, sagte er der „Bild“.

Union und FDP beantragten eine Aktuelle Stunde zum Thema Benzin und Diesel. Bereits an diesem Mittwoch wollen die Parlamentarier über den E10-Kraftstoff sowie über eine von der EU-Kommission ins Gespräch gebrachte Mehrwertsteuererhöhung für Diesel und die Preispolitik der Konzerne debattieren.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nannte Erklärungsversuche der Mineralölbranche im ARD-„Morgenmagazin“ am Dienstag „relativ plump und unbeholfen“. „Im Übrigen gehe ich davon aus, dass das Bundeskartellamt sehr, sehr genau beobachtet, was die Mineralölkonzerne hier treiben“, betonte er auch mit Blick auf die Osterferienzeit, die traditionell für Preissteigerungen genutzt werde.

Gegenwärtig liegt der Durchschnittspreis für Superbenzin bereits knapp unter der Marke von 1,60 Euro, die im Sommer 2008 den bisherigen Preisgipfel darstellte. Da im Sommer die Nachfrage nach Benzin um rund 20 Prozent höher liegt als im Winter, steigen in der Regel ab Ostern auch die Preise. Neue Preisrekorde könnten die Folge sein.

Auf grundsätzliche Probleme wies Holger Krawinkel vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin hin. „Der Benzinmarkt ist ähnlich wie der Strommarkt“, sagte er. „Wir haben ein Oligopol; verschiedene große Unternehmen beherrschen den Markt.“ Dazu handele es sich um integrierte Unternehmen, die Raffinerien und Tankstellen besitzen und teilweise direkt an den Ölquellen sitzen. „Da ist es natürlich wirklich sehr schwierig für mehr Wettbewerb zu sorgen“, sagte Krawinkel. „Sowohl das Kartellamt als auch die Autofahrer als Verbraucher beißen sich daran die Zähne aus.“

Angesichts des Chaos bei der E10-Einführung forderte Minister Ramsauer die Konzerne auf, die Kunden besser über den umstrittenen Biosprit zu informieren. Der CSU-Politiker verteidigte aber grundsätzlich die Einführung des bislang von den Verbrauchern ungeliebten Kraftstoffs. Er bekräftigte das Nein der Bundesregierung zu Plänen der EU-Kommission für eine stärkere Besteuerung von Diesel-Kraftstoff. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich klar dagegen gestellt.

Die EU-Kommission will am Mittwoch einen Vorschlag zur Reform des knapp zehn Jahre alten EU-Energiesteuergesetzes machen. Dabei sollen der Ausstoß des Treibhausgases CO2 und der Energiegehalt von Kraft- und Heizstoffen berücksichtigt werden. In Deutschland wird befürchtet, dass eine EU-Reform den Dieselkraftstoff verteuern könnte.