IWF-Prognose: Deutschland weiter Etat-Musterknabe
Washington (dpa) - Deutschland bleibt nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds weiter Etat-Musterknabe unter den großen Industrieländern.
Während der IWF von den reichen Staaten und dort vor allem von den USA einen noch entschlosseneren Kampf gegen die Schulden fordert, sieht der Fonds das deutsche Etatloch im nächsten Jahr bei nur noch 1,5 Prozent - 1,4 Prozentpunkte besser als vor einem Jahr erwartet. „Dank stärkeren Wachstums wird Deutschland die Prognose wohl übertreffen“, schreibt die IWF in seinem am Dienstag vorgelegten Bericht zur Lage der globalen Staatsfinanzen.
Nach einem Defizit von 3,3 Prozent im vorigen Jahr sieht der Weltwährungsfonds die deutsche Etatlücke in diesem Jahr bei 2,3 Prozent. Andere Industrieländer gingen ihre Defizite auch an. „Aber nicht schnell genug, um einen Schuldenanstieg zu stoppen“, mahnt der Fonds.
„Die meisten Industrienationen haben dieses Jahr ihre Defizite verringert, doch die Vereinigten Staaten haben die Anpassungen auf Eis gelegt“, heißt es in dem Bericht zudem. Das US-Defizit wird demnach in diesem Jahr 10,8 Prozent betrage, 2012 dann 7,5 Prozent. „Dadurch lastet ein großer Druck auf der Fiskalpolitik“, sagte der Chef der IWF-Abteilung für Haushaltsfragen, Carlo Cottarelli.
Der Weltwährungsfonds drängte Washington zur Eile, „glaubhafte Maßnahmen“ zur Verringerung der Verschuldung zu beschließen. Stattdessen hätten die USA ihre Pläne zur Haushaltskonsolidierung verschoben und vielmehr weitere Schritte zur Ankurbelung der Konjunktur an den Start gebracht, bemängelt der Bericht.
Zwar gebe es durchaus die im IWF-Weltwirtschaftsausblick erwähnte Gefahr von „destabilisierenden Veränderungen“ auf den Anleihemärkten als Folge der massiven US-Schulden. Die Chancen, dass es dazu kommt, sei wegen der hohen Glaubwürdigkeit der USA, ihren soliden Wachstums und eines inzwischen stabileren Bankensektors aber „relativ gering“. Die Folgen wären allerdings enorm. Deshalb müssten die USA „besser früher als später“ in den Griff bekommen, sagte Cottarelli.
Seine Kritik richtet der IWF jedoch auch an andere Staaten der reichen Welt. Zwar planten die meisten dieses Jahr Etateinschnitte. „Dennoch bleiben die Defizite groß, im Durchschnitt wird zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg die Verschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung die Schwelle von 100 Prozent überschreiten, während der Finanzbedarf eine Rekordstand erreichen wird.“
Doch selbst wenn sich die Neuverschuldung in reichen Staaten beruhige, habe das seinen Preis, sagte IWF-Ökonom Cottarelli. „Wenn sich die Schulden bei 100 oder 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts stabilisieren, werden die Kosten höhere Realzinsen in diesen Ländern sein, mit möglichen Folgeffekten für den Rest der Welt.“ Eine andere Konsequenz sei niedrigeres Wachstum, worunter ebenfalls andere Weltregionen leiden könnten, sage Cottarelli weiter.
In der Euro-Zone gehe die Konsolidierung insgesamt nach Plan voran. Sollte das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern in diesem Jahr besser als erwartet ausfallen, sollten zusätzliche Steuereinnahmen auf die hohe Kante gelegt werden.
Die meisten Staaten müssten darüber hinaus den mittel- und langfristigen Ausgabendruck für Renten und Gesundheitsversorgung angehen. „Steigende Gesundheitsausgaben sind die Hauptgefahr für eine gesunde Haushaltslage“, heißt es in dem Bericht. Werden sie nicht angegangen, drohten auf lange Sicht die Konsequenzen für die Verschuldung die Folgen der Finanzkrise in den Schatten zu stellen.