Leiharbeiter weiterhin mit hohem Entlassungsrisiko

Berlin/Dortmund (dpa) - Trotz Aufschwungs ist aus Sicht der Gewerkschaften das Entlassungsrisiko bei Leiharbeitern höher als bei anderen Arbeitnehmern. Zu diesem Schluss kommt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer Studie, die am kommenden Montag veröffentlicht werden soll.

„Heuern und Feuern ist immer noch an der Tagesordnung, daran hat auch die konjunkturelle Belebung und die starke Nachfrage im Verleihgewerbe nichts ändern können“, heißt es darin. Für Leiharbeiter sei das Risiko der Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr vier bis fünf Mal höher gewesen als in der Gesamtwirtschaft. „In keiner anderen Branche ist das Risiko des Jobverlustes und der Arbeitslosigkeit größer als im Verleih“, schreibt der DGB.

Trotz konjunktureller Besserung am Arbeitsmarkt seien im Laufe des vergangenen Jahres 338 000 Leiharbeiter aus einem sozialversicherten Job unmittelbar arbeitslos geworden. Fast jeder Achte, der 2010 seinen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt verloren hat und arbeitslos wurde, sei aus der Leiharbeit gekommen. Dabei war der Anteil im Westen (254 000) höher als im Osten (83 500).

Insgesamt ist die Zahl der Leiharbeiter zuletzt wieder deutlich nach oben geschnellt - „und liegt bereits über dem Vorkrisenniveau“, wie die Gewerkschafter schreiben. „Die Branche selbst und das Arbeitgeberinstitut gehen davon aus, dass zwischenzeitlich bereits 923 000 Leiharbeitskräfte in der Leiharbeit beschäftigt sind.“ Die Branche reagiere wie keine andere auf das Auf und Ab der Konjunktur.

„Leiharbeit frisst sich immer tiefer in den regulären Arbeitsmarkt“, kritisiert der DGB. Leiharbeitskräfte stellten in fast einem Drittel der Entleihbetriebe mehr als zehn Prozent der Belegschaft. Sie sind vor allem im verarbeitenden Gewerbe tätig.

Der Sprung aus der Arbeitslosigkeit gelingt dem DGB zufolge nur sehr wenigen: „Die Arbeitsverhältnisse in der Leiharbeit sind nach wie vor meist nur von kurzer Dauer.“ Im vergangenen Jahr endeten mehr als die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse (55 Prozent) nach weniger als drei Monaten. Von einer „Beschäftigungsbrücke“ könne nicht die Rede sein.

Der so genannte „Klebeeffekt“ der Leiharbeit sei relativ gering. Die Gewerkschafter zitieren in ihrer Studie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das in einem Bericht an das Arbeitsministerium schreibt: „Ein Drittel der vormals arbeitslosen Leiharbeitnehmer hat auch nach der Zeitarbeit keinen Job.“ Unter Berufung auf das IAB heißt es weiter: „Allerdings schaffen es nur 7 Prozent der vormals Arbeitslosen, im Zweijahreszeitraum beschäftigt zu bleiben und dabei die Leiharbeit komplett hinter sich zu lassen.“

Der DGB warnt vor dem hohen Verarmungsrisiko, für den Fall, das Leiharbeiter in die Arbeitslosigkeit abrutschen: „Viele erhalten kein Arbeitslosengeld, da bei nur kurzen Leiharbeitsepisoden keine Ansprüche an die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung aufgebaut werden können.“ Weiter heißt es: „Andere erhalten so niedrige Lohnersatzleistungen, dass ergänzend Hartz IV beantragt werden muss, damit das gesellschaftliche Existenzminimum überhaupt gesichert werden kann.“ Leiharbeiter werden der Studie zufolge nicht nur schlecht entlohnt, sie haben auch kaum Chancen auf betriebliche Weiterbildung.