Lokführer setzen auf „Nadelstich“-Taktik
Frankfurt/Main (dpa) - Auf dem Weg zu einem einheitlichen Einkommen für alle 26 000 Lokführer in Deutschland setzt die Gewerkschaft GDL auf eine Taktik der „Nadelstiche“.
Die kleine, aber sehr streikerprobte Arbeitnehmerorganisation wolle die neun verbliebenen Regiobahnen weiter mit überraschenden Ausständen ohne lange Vorwarnzeit treffen und so zurück an den Verhandlungstisch zwingen. „Wir bearbeiten die Unternehmen jetzt sukzessive mit Nadelstichen“, sagte GDL-Sprecherin Gerda Seibert der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch in Frankfurt. Derzeit bestreikt die GDL teils parallel einige Regiobahnen.
Seiberts Darstellung zufolge hat die GDL ihr hochgestecktes Ziel - eine einheitliche Bezahlung aller Lokführer auf dem hohen Niveau des Marktführers Deutschen Bahn (DB) - bereits für 90 Prozent der rund 26 000 Beschäftigten erreicht. Neben den 20 000 DB-Lokführern, für die der Rahmentarifvertrag mit den bundesweit angestrebten Regelungen schon seit April unter Dach und Fach ist, hätten sich inzwischen auch Bahnen im Güterverkehr mit der GDL geeinigt. In Summe gelte damit die branchenweite einheitliche Bezahlung schon für 9 von 10 Lokführern.
Der GDL-Rahmentarif stößt bei einigen Regiobahnen jedoch noch auf erbitterten Widerstand - allen voran sei die Veolia Verkehr mit ihren Tochterunternehmen noch verhandlungsunwillig. Der Geschäftsführer des zu Veolia zählenden Harz-Elbe-Expresses (HEX), Andreas Putzer, erklärte am Mittwoch: „Die Arbeitgeber sind bereits an die Grenzen des Finanzierbaren gegangen und haben erhebliche Lohnsteigerungen angeboten.“ Die GDL vertrete „Minderheitsinteressen“, der HEX dagegen mühe sich um Verbesserungen für alle Mitarbeiter rund um die Schiene.
Die GDL lässt das nicht gelten und dringt auf absolut einheitliche Tarifstandards, damit der Wettbewerb bei den DB-Konkurrenten nicht mehr über die Bezahlung der Lokführer laufe. „Die haben ja die Kohle. Es ist ja nicht so, dass das kleine Familienunternehmen sind, die am Existenzminimum herumkrebsen“, sagte Sprecherin Seibert. Die GDL sei bereit, je nach Lage in den Unternehmen unterschiedliche Lösungen zu finden, mit denen das Ziel Rahmentarif individuell umgesetzt wird.
Die Streiks sollen nun weitergehen - neun von ehemals gut 20 Regiobahnen säßen noch nicht am Verhandlungstisch und seien daher auch nach wie vor Ziel des Arbeitskampfes. Seibert betonte: „Alle Lokführer, egal wo, tragen dieselbe Verantwortung. Ich weiß nicht, was schwieriger ist: Einen ICE von Frankfurt nach Berlin zu steuern oder eine S-Bahn mit ähnlich vielen Fahrgästen alle paar Minuten pünktlich zu halten oder im Güterverkehr Gefahrgut durch die Nacht zu transportieren.“ Gelten müsse: Gleiche Verantwortung, gleiches Geld.