Lufthansa macht Kronprinz Spohr zum neuen Chef

Frankfurt/Main (dpa) - Bei ihrer Suche nach einem neuen Chef ist die Lufthansa doch noch im eigenen Haus fündig geworden. Der Aufsichtsrat des Dax-Konzerns ernannte den zuvor häufig als Favorit genannten Passage-Chef Carsten Spohr zum neuen Vorstandsvorsitzenden.

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Der 47-Jährige Wirtschaftsingenieur und Airbus-Pilot soll zum 1. Mai dem ausscheidenden Christoph Franz nachfolgen.

Spohr hatte umgehend als Favorit gegolten, als Franz im September vergangenen Jahres seinen überraschenden Wechsel zum Schweizer Pharma-Riesen Roche bekanntgegeben hatte. Spohr hat bereits die Tochter Lufthansa Cargo geführt und war zuletzt für das Kerngeschäft der Passagierflüge sämtlicher Konzernmarken zuständig. Unter Franz verantwortete er einen Großteil des ambitionierten Sparprogramms, mit dem Lufthansa ihr operatives Jahres-Ergebnis bis Ende 2015 um 1,5 Milliarden Euro steigern will.

Lufthansa-Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber war wegen der zögerlichen Chefsuche zunehmend in die Kritik von Anlegern, Analysten und Medien geraten. Zwischenzeitlich war beispielsweise der fachfremde Ex-Telekom-Chef René Obermann als möglicher Chef von Europas größten Luftverkehrskonzern mit mehr als 30 Milliarden Euro Umsatz im Gespräch. Lufthansa hatte die Dauer des Verfahrens mit Hinweisen auf den komplexen Personalfindungsprozesses verteidigt. Ausdrücklich sollten auch externe Bewerber geprüft werden.

Chefaufseher Mayrhuber lobte nach der Entscheidung die große Industrieerfahrung Spohrs sowie dessen Managementfähigkeiten, Leidenschaft und Loyalität für die Lufthansa. „Mit Carsten Spohr wissen wir die Zukunft von Lufthansa in guten Händen“, hieß es in der schriftlichen Erklärung des Unternehmens.

Die Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden sei für ihn Ehre und Verpflichtung zugleich, teilte Spohr mit. „Die Eckpfeiler für den zukünftigen Erfolg stehen.“

Spohr genieße das Vertrauen der Lufthanseaten, erklärte die Verdi-Gewerkschafterin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Christine Behle. „Wir haben an den neuen Vorstandsvorsitzenden die Erwartung, dass er die Interessen der Beschäftigten im Umstrukturierungsprozess deutlich mehr berücksichtigt.“ Auch der Chef der Kabinengewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, forderte den neuen Chef zum intensiven Dialog mit der Belegschaft auf.

Für Spohrs bisherigen Posten als Vorstand für das Kernsegment Passage will der Aufsichtsrat nach eigener Ankündigung bis Ende April eine Neubesetzung finden.

Die Börse reagierte zunächst freundlich auf die bereits erwartete Personalie, später verlor die Aktie wieder etwas. Spohrs Berufung werde sehr positiv aufgenommen, sagte Commerzbank-Analyst Frank Skodzik. Er stehe dafür, dass die Restrukturierung weiter vorangetrieben werde. Er sei zudem bei bisherigen Finanzpräsentationen sehr gut beim Kapitalmarkt angekommen. Skodzik wies auch auf die schwierigen Tarifverhandlungen mit den Piloten hin, die bereits über einen Streik abstimmen. „In der gegenwärtigen Situation ist ein sanfter Übergang für die Lufthansa das Beste.“