Mögliche Ansprüche an Schlecker-Familie
Ehingen/München (dpa) - Die Schlecker-Insolvenzverwaltung will alle Hebel in Bewegung setzen, um aus dem verbliebenen Vermögen der Familie von Anton Schlecker noch Geld herauszuholen. Die Schlecker-Gründerfamilie besitzt laut „Handelsblatt“ noch bis zu 40 Millionen Euro.
„Die Insolvenzverwaltung prüft sehr genau, welche Transaktionen nach dem Insolvenzrecht korrekt sind und welche rückgängig gemacht werden können“, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Dieses Geld würde in die Insolvenzmasse fließen. Am Freitag beginnt der Ausverkauf bei Schlecker mit hohen Rabatten. Gute Aussichten gibt es indes für IhrPlatz und Schlecker-XL.
Die zentrale Frage ist, ob und wann Anton Schlecker Teile seines Vermögens an Dritte gegeben hat, etwa an Familienmitglieder. Diese Werte könnten nachträglich eintreibbares Vermögen darstellen, um damit die Gläubiger zu bedienen. Laut Insolvenzverwaltung könne das problemlos bis zu fünf Jahre zurück rückbuchbar sein. Grundsätzlich können die Transaktionen sogar bis zu zehn Jahre zurückverfolgt und beanstandet werden. Kreisen zufolge ist davon auszugehen, dass die Insolvenzverwaltung noch Geld bei der Familie eintreiben kann. Allerdings werde das wohl keine große Summe sein. „Da ist möglicherweise das eine oder andere Milliönchen zu holen“, sagte auch Verdi-Handelsexperte Bernhard Franke am Montag im „ZDF“.
Die Millionen der Schleckers seien zum größten Teil im Besitz der Kinder, bestätigten Ex-Schlecker-Manager dem „Handelsblatt“. Die Villa der Familie gehöre der Ehefrau Anton Schleckers, der in der Insolvenz mit seinem Privatvermögen haftet. Sein gesamtes Vermögen - privat und geschäftlich - ist bereits Teil der Insolvenzmasse. Die Frage ist nun, ob da noch mehr zu holen ist - etwa wegen Schenkungen aus der Vergangenheit. Der Firmenchef galt früher als Milliardär.
Schlecker-Gesamtbetriebsratchefin Christel Hoffmann verlangte Transparenz. „Alle Fakten müssen auf den Tisch“, sagte sie der „Bild“-Zeitung (Montag). Sie kritisierte auch, dass die Familie zuletzt einen von Geiwitz erbetenen Rettungsbeitrag von bis zu neun Millionen Euro verweigerte. „Wenn die neuen Vorwürfe stimmen, dann ist das eine Dreistigkeit, die durch nichts zu überbieten ist.“ Das Verhalten der Familie sei gegenüber den Mitarbeitern „sozial und moralisch tiefst verantwortungslos.“
Während 13 200 Schlecker-Mitarbeiter in eine unsichere Zukunft blicken, können etwa 5000 Beschäftigte durch die vom Münchner Investor Dubag geplante Übernahme von IhrPlatz und Schlecker-XL wieder hoffen. Es sollen weder Filialen geschlossen noch Stellen abgebaut werden, sagte Dubag-Chef Michael Schumann am Montag in München der dpa. Ein Vertrag zur Übernahme von IhrPlatz samt der 490 Filialen sei bereits unterzeichnet, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Schumann und IhrPlatz-Insolvenzverwalter Werner Schneider. Die Vertragsunterzeichnung für 342 Schlecker-XL-Märkte solle kurzfristig erfolgen. Dem Deal müssen die Gläubiger aber noch zustimmen, sagte Schumann. Über den Preis machte er keine Angaben.
Die zusammen mehr als 800 Filialen erwirtschaften einen Jahresumsatz von 700 Millionen Euro. Die Gläubigerversammlung tagt am Dienstag in Ulm, dann wird auch das am Freitag von der größten Gläubigern entschiedene Aus für Schlecker festgeklopft. Die Gewerkschaft Verdi kündigte für die Versammlung Proteste an. Sie fordert Hilfen wie etwa Sonderfonds oder Transfergesellschaften.
Für die verbliebenen Schlecker-Märkte steht seit Montag auch der Beginn des Ausverkaufes fest. Nach dem endgültigen Aus startet die insolvente Drogeriekette damit diesen Freitag. In jedem noch geöffneten Laden werde es anfangs Rabatte zwischen 30 und 50 Prozent auf das gesamte Sortiment geben, sagte ein Sprecher der Insolvenzverwaltung der dpa.
Derweil weisen sich Gewerkschaften und Politik gegenseitig die Schuld an der Schlecker-Misere zu. Die Politik trage eine Mitschuld, sagte Verdi-Handelsexperte Franke im „ZDF“: „Als man zugelassen hat, dass ein Unternehmen von Schlecker als Einzelkaufmann wie eine Würstchenbude geführt wird.“ Und die im März gescheiterte Transfergesellschaft habe wesentlich dazu beitragen, dass eine Rettung jetzt nicht möglich war.
Uneinigkeit gibt es auch innerhalb der Politik. Der Sozialflügel der CDU fordert eine Transfergesellschaft für die betroffenen Beschäftigten, sieht aber Baden-Württemberg in der Pflicht als Heimatland von Schlecker. Die FDP will von einer Transfergesellschaft nichts hören und winkt ab. Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) sieht aber für das Land keine Möglichkeit mehr, die vor der Kündigung stehenden Mitarbeiter zu unterstützen. „Mit einer Transfergesellschaft hätte man den Beschäftigten helfen können, aber der Zug ist abgefahren“, sagte er. „Die Politik ist nicht mehr direkt handlungsfähig.“ Das Heft des Handelns liege nun bei der Agentur für Arbeit.