Nach dem Tod von Theo Albrecht: Verschwiegener Discount-Riese Aldi plant Firmenchronik
Jahrzehntelang galt der Discount-Riese Aldi als äußerst verschwiegenes Unternehmen. Das soll sich nun ändern: Der Sohn des Aldi-Gründers schreibt eine Firmenchronik. Der Konzern hat sich zudem PR-Berater ins Haus geholt und erwägt, mehr an die Öffentlichkeit zu gehen.
Essen/Hamburg (dpa). Beim Discount-Riesen Aldi bahnt sich nach jahrzehntelanger Verschwiegenheit gegenüber der Öffentlichkeit ein Bewusstseinswandel an: Eine Woche nach dem Tod von Unternehmens- Mitbegründer Theo Albrecht kündigte dessen Neffe an, eine Firmenchronik zu schreiben. Außerdem holte der Konzern nach „Spiegel“-Informationen mehrere Medienberatungsfirmen ins Haus, um sich über eine künftige PR-Strategie beraten zu lassen.
Aldi erwäge, seine Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit zu lockern.„Ich schreibe eine Biografie meines Vaters, die über weite Zeiträume auch eine Firmenchronik beinhaltet“, schrieb Karl Albrecht junior, der Sohn des Aldi-Mitbegründers Karl Albrecht, in einem Brief an den „Spiegel“. Sein Vater unterstütze das Projekt.
Er freue sich über das „Interesse an der Geschichte von Aldi sowie an dem Lebenswerk meines Vaters und meines Onkels“. Nach jahrzehntelangem Schweigen meldete sich damit erstmals ein Mitglied der Unternehmerfamilie zu Wort.Albrecht junior äußerte sich auch über seine Rolle im Konzern. Er sei lange im USA-Geschäft des Discounters tätig gewesen.
„Innerhalb von 30 Jahren bin ich dreimal schwer an Krebs erkrankt. Nach der dritten Erkrankung im Jahr 2004 habe ich mich aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen“, sagte der promovierte Jurist.Die beiden Aldi-Gründer gehören zu Deutschlands geheimnisvollsten Unternehmern. Wie sein zwei Jahre älterer Bruder Karl lebte auch Theo Albrecht, der im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt Essen gestorben war, extrem zurückgezogen. Die Brüder galten jahrelang als die reichsten Deutschen mit einem Milliarden-Vermögen. Sonst ist aber bislang so gut wie nichts über die genauen Familienverhältnisse bekannt, nur wenige Fotos existieren.
Entscheidend für das zurückgezogene Leben von Theo Albrecht war wohl seine Entführung vor fast 40 Jahren. 1971 ereignete sich der spektakuläre Fall. Erst nach 17 Tagen und nach der Zahlung eines Lösegelds von sieben Millionen Mark wurde der Unternehmer wieder freigelassen.Wie der „Spiegel“ weiter schreibt, hat die Aldi-Führung die PR- Berater bereits vor dem Tod von Theo Albrecht ins Haus geholt.
Dessen Tod führe auch zu einer Neuordnung bei Aldi Nord. Albrechts Witwe Cäcilie werde ihm im Stiftungsvorstand nachfolgen, dem obersten Kontrollgremium des Verwaltungsrates.Die Albrecht-Brüder gelten als Erfinder der Discount-Idee im Einzelhandel. Sie hatten aus einem kleinen Geschäft der Mutter in Essen das Aldi-Imperium aufgebaut. Aldi, getrennt in Süd und Nord, gilt in Deutschland als Marktführer, auch wenn Konkurrenten wie Lidl aufholen.