Nach EZB-Zinssenkung: Banken senken Dispo-Zinsen
Frankfurt/Main (dpa) - Mehrere Banken in Deutschland senken ihre Dispo-Zinsen fürs Konto-Überziehen - allerdings nur sehr geringfügig. Das berichtet die „Bild“-Zeitung nach einer Umfrage unter mehr als zehn Geldhäusern.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte am 5. Juni den Leitzins nochmals von 0,25 Prozent auf 0,15 Prozent gesenkt. Zu diesem Zins können sich Banken bei der Notenbank Geld leihen.
Laut Bericht wollen die Deutsche Bank und die Berliner Bank
zum 16. Juni ihre Dispo-Konditionen um jeweils 0,1 Prozent auf maximal 11,8 Prozent je nach Kontotyp kürzen. Bei der Norisbank sinkt der Dispo-Zinssatz von derzeit 11,25 auf 11,15 Prozent. Bei der Postbank gelten für das Konto „GiroPlus“ künftig 11,95 statt
12,05 Prozent, für das „GiroExtraplus“ 9,3 statt 9,4 Prozent.
Die Commerzbank senkt demnach für Neukunden die Dispo-Zinsen ab dem
26. Juni um 0,5 Prozent auf 11,4 Prozent. Die Targobank will zum 1.
Juli ihren Zinssatz ändern, die Höhe steht noch nicht fest.
Die Opposition im Bundestag äußerte heftige Kritik. Die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Nicole Maisch, sagte am Samstag: „Die aktuellen Zinssenkungen sind ein schlechter Witz. Die Banken bekommen Geld zum Nulltarif und zocken noch immer Dispozinsen in zweistelliger Höhe ab.“ Es werde höchste Zeit für einen gesetzlichen Deckel.
Auch die verbraucherpolitische Sprecherin der Linken, Caren Lay, sprach von einem „Witz“. „Die marginale Zinssenkung ändert nichts an dem Milliardengeschäft der Banken auf Kosten ihrer ärmsten Kunden, die regelmäßig auf einen Dispo-Kredit angewiesen sind und immer tiefer in die Schulden rutschen.“ Auch die Linke fordert gesetzliche Obergrenzen.
Bereits kurz nach dem EZB-Schritt hatten Verbraucherschützer und Politiker die Banken aufgefordert, die Gebühren fürs Konto-Überziehen zu senken. Verbraucherschützer kämpfen seit Jahren gegen teils zweistellige Dispozinsen.
„Wir haben viel zu hohe Dispozinsen im Vergleich zum sonstigen Zinsumfeld“, kritisierte Verbraucherschützerin Dorothea Mohn in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. „Die niedrigen Zinsen müssen an die Kunden weitergegeben werden“, betonte die Geldanlageexpertin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). Falls das nicht funktioniere, müsse beim Dispozins die Politik aktiv werden. „Wir fordern einen Zinsdeckel. Vorstellbar wäre ein Wert von sieben Prozent auf Grundlage des Referenzzinses Euribor.“
Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon verwies darauf, dass die Dispozinsen seit dem Jahr 2008 im Schnitt um rund drei Prozentpunkte gesunken seien. „Auch wenn der Leitzins nicht der entscheidende Faktor bei Dispozinsen ist, zeigt das, dass die Kreditwirtschaft auf die Rahmenbedingungen reagiert“, erklärte der oberste Repräsentant des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). „Der Dispo ist das Taxi unter den Krediten und nur für kurze Überbrückung gedacht. Die große Flexibilität schlägt sich auch in den Konditionen nieder.“
Ähnlich argumentierte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Seit 2010 sähen die Klauseln der Banken vor, dass Zinserhöhungen und Zinssenkungen entsprechend der Entwicklung der vereinbarten Referenzzinssätze an die Kunden weitergegeben würden. Dispokredite sollten generell „immer nur kurzfristige finanzielle Engpässe überbrücken helfen, dann aber schnell und flexibel. Das hat seinen Preis“, erklärte Kemmer. „Wer längerfristig Kredit braucht, sollte in Ratenkredite umschulden, die wesentlich günstiger zu bekommen sind.“
Der Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), derzeit zugleich Sprachrohr der Deutschen Kreditwirtschaft, erklärte, Kunden hätten in Sachen Kontoführung und Dispokonditionen „die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Angeboten zu wählen“.
Genau diese Flexibilität sieht Verbraucherschützerin Mohn nicht. Beim Thema Dispo funktioniere der Wettbewerb nicht: „Die Banken machen sich dabei auch zunutze, dass man ein Konto nicht so einfach wechseln kann wie den Telefonanbieter oder den Energieversorger.“
Zu dem beschlossenen Antikrisenpaket der EZB zählen billiges Geld, neue Notkredite und Strafzinsen für Banken, die ihr Geld bei der Zentralbank parken. Damit soll das Wachstum in der Eurozone angekurbelt und ein drohender Preisverfall verhindert werden.