Niederlage für Deutsche-Bank-Aktionäre in Karlsruhe
Karlsruhe (dpa) - Posthume Niederlage für Leo Kirch: Eine Gruppe von Aktionären um den verstorbenen Medienunternehmer ist vor dem Bundesgerichtshof mit ihren Klagen gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung 2008 gescheitert.
Damit bleibt der Aufsichtsrat der Deutschen Bank um den Vorsitzenden Clemens Börsig im Amt. Eine missverständliche Einladung zur Hauptversammlung führe nicht automatisch dazu, dass alle dort gefassten Beschlüsse nichtig sind, entschied der BGH am Dienstag (Az.: II ZR 124/10).
In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt noch alle Beschlüsse der Hauptversammlung 2008 für nichtig erklärt, unter anderem die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden Börsig und acht weiterer Aufsichtsräte. Der Grund: Die Bedingungen, unter denen sich die Aktionäre vertreten lassen können, waren missverständlich formuliert.
Hätte der BGH diese Entscheidung bestätigt, wäre die Bank mitten im Gerangel um die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann ohne Aufsichtsratschef gewesen. In diesem Fall hätte das Amtsgericht Frankfurt als zuständiges Registergericht neue Aufsichtsräte bestimmen müssen.
Diese prekäre Situation bleibt der Deutschen Bank nun erspart. Unzutreffende Angaben auf einer Einladung zur Hauptversammlung, die nur die „Art und Weise der Teilnahme und der Stimmrechtsausübung betreffen“, führten nicht zur Nichtigkeit aller Beschlüsse, so der BGH. Da die Kläger auch zahlreiche andere angebliche Mängel der Beschlüsse gerügt hatten, verwiesen die Karlsruher Richter die Sache zurück an das OLG Frankfurt.
Ein Sprecher der Deutschen Bank zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung. „Wir sind zuversichtlich, dass die jetzt noch ausstehenden Anfechtungsklagen ebenfalls abgewiesen werden“, so der Sprecher. Kirchs Anwalt war nach Bekanntgabe des Urteils zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der Bonner Aktienrechts-Experte Thomas Heidel bewertete es positiv, „dass man bei einer Verletzung der Teilnahmebestimmungen zur Vertretung nicht gleich mit der großen Keule der Nichtigkeit kommt“.
Das Verfahren steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Streit Kirchs mit der Deutschen Bank um Schadenersatz für den Niedergang seines Unternehmens. Wie Kirchs Anwalt in der Verhandlung sagte, ist bislang noch nicht geklärt, wer als Erbe die Rechtsnachfolge Kirchs in den Prozessen antritt. Der Medienunternehmer war vergangene Woche im Alter von 84 Jahren gestorben.
Kirch hatte zahlreiche Verfahren gegen die Deutsche Bank geführt, die zum Teil noch anhängig sind. Erst Anfang Juli hatte das OLG Frankfurt in einem anderen Verfahren die Beschlüsse zur Entlastung des Aufsichtsrats auf der Hauptversammlung 2009 wegen einer Pflichtverletzung aufgehoben - Vorstand und Aufsichtsrat hätten zu Unrecht erklärt, dass sie den Empfehlungen des „Corporate Governance Kodex“ über Mitteilungen von Interessenkonflikten entsprochen hätten.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig war in letzter Zeit wiederholt in die Kritik geraten, weil er bei der Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann keine glückliche Figur machte.