OECD: Eurozone rutscht kurzfristig in „milde Rezession“
Paris (dpa) - Die Eurozone rutscht nach Einschätzung der OECD kurzfristig in eine „milde“ Rezession. Sowohl in diesem als auch im nächsten Quartal werde die Wirtschaftsleistung der 17 Staaten mit der Gemeinschaftswährung voraussichtlich schrumpfen, heißt es im Konjunkturausblick der Industrieländer-Organisation.
Erst ab dem zweiten Quartal 2012 sei wieder mit positiven Zahlen zu rechnen - und das auch nicht überall. Für Deutschland liegt die neue OECD-Wachstumsprognose bei minus 0,6 Prozent fürs vierte Quartal 2011 und bei minus 0,3 Prozent für das erste Quartal 2012 - jeweils im Vergleich zum Vorquartal. Für die Euroländer zusammen sind es minus 1,0 beziehungsweise minus 0,4 Prozent. Positive Nachrichten gibt es aber für den Arbeitsmarkt in Deutschland.
Fürs kommende Jahr wird nach OECD-Angaben mit einem weiteren Rückgang von 200 000 Arbeitslosen gerechnet. „Das verhaltene Wachstum zum Jahresende 2011 macht sich auf dem Arbeitsmarkt noch nicht bemerkbar: die Arbeitslosenquote ist weiter gefallen und befindet sich jetzt auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten“, schreibt die OECD. Dieser Trend werde auch im Jahr 2013 anhalten.
Insgesamt jedoch liegt die Zahl der Arbeitslosen in allen 34 OECD-Staaten - so Chefökonom Pier Carlo Padoan - bei mittlerweile 45 Millionen - darunter viele Langzeitarbeitslose. „Die Situation der Weltwirtschaft hat sich seit dem Frühjahrsausblick der OECD deutlich verschlechtert“, kommentiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Ein Stillstand des Welthandels geht - vor allem in der Euro-Zone - einher mit einem allgemeinen Vertrauensschwund, was an den Kapitalmärkten eine hohe Nervosität auslöse. Insofern geht die OECD von einem „Durchwurstel-Szenario“ („Muddling through“) fürs kommende Jahr aus.
Für das Gesamtjahr 2012 prognostizieren die OECD-Experten in der Eurozone nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. In den Krisenstaaten ist die Lage noch düsterer. Für Italien wird ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,5 Prozent prognostiziert. Portugal muss sogar mit einem Minus von 3,2 Prozent rechnen. Die Schätzung für Griechenland liegt bei minus 3,0 Prozent. Erst 2013 können die Krisenstaaten wieder auf positive Zahlen hoffen. Betroffen ist auch das Wachstum in den Schwellenländern, das sich nun verlangsamt.
Im ebenfalls hoch verschuldeten Frankreich wird nach Einschätzung der OECD ein weiteres Anti-Defizit-Programm notwendig. Die Experten senkten die Wachstumsprognose von 2,1 auf 0,3 Prozent. Die Regierung selbst rechnete zuletzt mit 1,0 Prozent Wachstum.
„Um die Ansteckungsgefahr in der Eurozone einzudämmen, muss der Europäische Rettungsfonds erheblich aufgestockt und die Europäische Zentralbank mit einbezogen werden“, forderte Chef-Volkswirt Pier Carlo Padoan am Montag zur Vorstellung des Ausblicks in Paris. „Diese deutlich erhöhte Feuerkraft muss mit Reformen einhergehen, die fahrlässigem Verhalten entgegenwirken.“
Relativ optimistisch blickt die OECD unterdessen auf die Lage in Deutschland. Die wirtschaftliche Entwicklung werde zwar bis ins Frühjahr hinein schwach bleiben. Von Mitte 2012 sei dann aber mit einer Erholung zu rechnen. „Im Jahr 2013 dürfte das Wachstum stärker ausfallen als in anderen Mitgliedern des Euro-Raums, nicht zuletzt, da kein nennenswerter Abbau von Privat- und Unternehmensschulden erfolgen muss“, schreibt die OECD in ihrem jüngsten Ausblick. Für 2012 rechnet sie mit Wachstum von 0,6 Prozent. Positiv bewertet würde auch die finanzielle Lage der öffentlichen Haushalte in Deutschland.
Als weiteren großen Risikofaktor neben der Eurokrise bezeichnete die OECD die Lage in den USA. „Sollte kein Weg gefunden werden, die Sparmaßnahmen abzumildern, die per Gesetz ab 2013 greifen, könnte das die Wirtschaft in eine Rezession stürzen, die durch politische Mittel kaum noch aufzufangen wäre“, erklären die Experten. Bislang rechnen sie noch mit einem Wachstum von 2,0 Prozent im Jahr 2012 und 2,5 Prozent im Jahr 2013.