Opel bereitet General Motors weiter Kummer

Detroit (dpa) - Opel kommt einfach nicht vom Fleck. Weil die Verkäufe zurückgehen, schreibt der Autobauer weiterhin hohe Verluste. Damit haben die Rüsselsheimer ihrem US-Mutterkonzern General Motors zu Jahresbeginn schon wieder das Ergebnis verhagelt.

„Europa bleibt eine Baustelle“, erklärte Konzernchef Dan Akerson am Donnerstag in Detroit. Es stünden mehr Autos unverkauft herum, „als uns lieb sein kann“, ergänzte Finanzchef Dan Ammann.

Der Aktienkurs von General Motors fiel um 2 Prozent. Schon seit langem fordern amerikanische Analysten und Anleger, dass der Autokonzern aus Detroit in Europa hart durchgreift. Ein neuer Sparplan könnte Stellenstreichungen und Werksschließungen bedeuten. „Es passiert schon einiges im Hintergrund“, sagte Ammann, ohne in die Details zu gehen.

Das Minus im Europageschäft von GM lag im ersten Quartal bei operativ 256 Millionen Dollar oder umgerechnet 195 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum hatten Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall noch einen kleinen Gewinn eingefahren, dann jedoch stockten die Verkäufe wegen der Schuldenkrise. Am Ende stand der fünfte Jahresverlust in Europa in Folge.

Die neuesten Zahlen zeigten, dass Opel schnell weitere Kapazitäten abbauen müsse, sagte Experte Stefan Bratzel: „Das ist ganz offensichtlich, sonst kommt man nie in die schwarzen Zahlen.“ Der europäische Markt werde auch künftig nicht wachsen, dafür aber der Wettbewerb härter. „Es ist keine Besserung in Sicht.“

Nach Bratzels Einschätzung ist mindestens ein Opel-Werk überflüssig: Der Hersteller könne derzeit etwa 300 000 mehr Autos bauen als verkaufen. Experte Ferdinand Dudenhöffer schlug in die gleiche Kerbe und verwies auf die hohen Rabatte, die am Image der Marke nagten. „Deshalb muss Opel sein Kapazitäten schnell anpassen.“

Die Probleme werden umso offensichtlicher, als das GM-Geschäft in anderen Teilen der Welt gut läuft. Gewinnbringer ist das heimatliche Nordamerika, wo die Arbeitslosigkeit stetig zurückgeht und sich viele Menschen einen neuen Wagen gönnen. Dadurch stieg der Konzernumsatz im ersten Quartal um 4 Prozent auf 37,8 Milliarden Dollar.

Der Konzerngewinn indes fiel auf 1 Milliarde Dollar - gerade mal ein Drittel dessen, was GM im Vorjahreszeitraum verdient hatte. Zwar war nicht der komplette Rückgang Europa geschuldet, doch die Probleme machten sich deutlich bemerkbar. Zusätzlich zum operativen Verlust musste GM auch noch eine Abschreibung auf dem Firmenwert von 590 Millionen Dollar verkraften. Im Klartext heißt das: Opel ist in den Augen der Konzernmutter weniger wertvoll.

Die Verkäufe von Opel und Vauxhall fielen im ersten Quartal um 14 Prozent auf 275 000 Stück. Dabei verlor das Duo in der Krisenregion Europa noch mehr an als Fahrt als die Konkurrenz. Der Marktanteil schrumpfte nach Angaben des europäischen Automobilverbands ACEA von 7,4 auf 6,7 Prozent.

Im April ging der Abwärtstrend mindestens in Deutschland weiter, wie die jüngsten Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes zeigen. Opel wurde lediglich 18 900 Autos los und damit 9 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.

Die Opel- und Vauxhall-Fabriken waren schon vor dem Einbruch nicht ausgelastet. „Wir haben interne Probleme, die wir lösen werden“, versprach Konzernchef Akerson seinen Aktionären. Seit Monaten verhandelt das Management mit den Arbeitnehmern hinter verschlossenen Türen über einen neuen Sparplan. „Wir erwarten, dass sich hier bald etwas tut“, sagte Akerson in einer Telefonkonferenz auf bohrende Fragen von Analysten. Schon vor der nächsten Bilanzvorlage in drei Monaten könne es soweit sein.

Für die Belegschaft verheißt das wenig Gutes. Dem Vernehmen nach sollen mindestens zwei Werke geschlossen werden. Vor allem Bochum und das britische Ellesmere Port stünden auf der Kippe, heißt es. Zudem sollen künftig mehr Autos - preiswerter - in Korea gebaut und nach Europa importiert werden. Auch eine Verlagerung der Fertigung von Deutschland ins kostengünstigere Polen soll das Opel-Management ins Auge gefasst haben.

Entscheidungen sind noch nicht gefallen, wie Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke am Donnerstag betonte. Er versicherte aber erneut, dass sich das Unternehmen an die Verträge halten werde: „Wir planen bis Ende 2014 keine Fabrikschließungen.“

Schon einmal hatte Opel eine schmerzhafte Sanierung über sich ergeben lassen müssen, der Tausende Mitarbeiter zum Opfer fielen. Zuletzt arbeiteten noch 39 000 Menschen für General Motors in Europa, weltweit waren es 209 000.

Trotz des Millionenverlusts sieht Stracke den Autobauer auf einem guten Weg. „Obwohl mich die Geschäftszahlen absolut nicht zufriedenstellen, sehe ich jedoch viele Anzeichen für Fortschritte“, schrieb Stracke in einem Brief an die Beschäftigten. Es brauche aber noch Zeit, bis Opel wieder schwarze Zahlen schreibe: „Wir müssen sicher besser werden, aber das geht nicht über Nacht.“