Porsche tankt Kraft für Verschmelzung mit VW
Stuttgart (dpa) - Porsche tankt für den weiten Weg unter das Dach von VW noch einmal ordentlich Kraft.
Dank der wiedererwachten Lust der Autokäufer auf Luxusschlitten fuhr die kleine Sport- und Geländewagenschmiede im Rumpfgeschäftsjahr 2010 (1. August bis 31. Dezember) Rekorde bei Ergebnis und Umsatz ein. „Dieser Erfolg unterstützt unsere Stellung als einer der profitabelsten Sportwagenhersteller weltweit und gibt uns die notwendige Flexibilität, weiterhin in unsere Produkte zu investieren“, sagte Porsche-Chef Matthias Müller am Dienstag in Stuttgart.
Der operative Gewinn verdreifachte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 688 Millionen Euro, wie der Autobauer am Rande einer Aufsichtsratssitzung mitteilte. Der Umsatz legte um 59 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro zu. Die glänzenden Zahlen halten Müller den Rücken für seine ehrgeizigen Pläne frei. Eifrig tüfteln die Schwaben derzeit daran, welche Fahrzeuge sie in Zukunft noch auf den Markt bringen könnten. In den nächsten Jahren will Müller den Absatz auf rund 200 000 Fahrzeuge hochschrauben, etwa doppelt so viele wie zuletzt.
Ein wichtiges Projekt hat dabei bereits Gestalt angenommen. Voraussichtlich 2013 kommt ein kleiner Bruder des Geländewagens Cayenne auf den Markt. Dabei gilt als so gut wie sicher, dass der Aufsichtsrat dem Porsche-Werk Leipzig den Zuschlag für die Fertigung gibt. Im Rennen waren auch die Audi-Werke in Neckarsulm und im bayerischen Ingolstadt sowie der VW-Standort Hannover.
Der Cajun würde Leipzig mindestens 500 neue Arbeitsplätze bringen, hatte Müller kürzlich angekündigt. Derzeit arbeiten an dem Standort rund 650 Menschen für Porsche. In der Fabrik werden bisher der Cayenne und die Luxuslimousine Panamera montiert, die vorgefertigten Teile kommen aus VW-Werken. Bei einer Entscheidung für den kleinen Geländewagen will Porsche Leipzig zu einem Produktionsstandort mit Rohbau und Lackiererei ausbauen.
Die neuen Kapazitäten kann Porsche gut brauchen. Der Absatz war im Rumpfgeschäftsjahr 2010 um 57 Prozent auf 40 446 Wagen gestiegen. Alle vier Baureihen legten weltweit zu. Müller rechnet damit, dass sich dieser Trend auch im laufenden Geschäftsjahr 2011 fortsetzen wird. Dieses ist bereits - wie bei VW - an das Kalenderjahr angepasst. Die Zahl der Mitarbeiter bei Porsche stieg auf 13 159 (Ende Dezember) - 3,4 Prozent mehr als Ende Juli 2010. „Porsche ist für zukünftiges Wachstum gut aufgestellt“, sagte Finanzvorstand Lutz Meschke. An diesem Donnerstag präsentiert der Sportwagenbauer die Bilanz in Stuttgart.
Eine neues Gesicht wurde bereits bei der Aufsichtsratssitzung präsentiert: Der Sportwagenbauer vergrößert seinen Vorstand um das Ressort Beschaffung, ab April wird Uwe-Karsten Städter dafür verantwortlich sein. Mit dem Ausbau des Top-Managements werde der stark wachsenden Bedeutung der Einkaufsaufgaben Rechnung getragen, die bisher im Finanzressort gebündelt waren, erklärte Müller. Der 54-Jährige kommt von VW und war dort bislang für die Konzernbeschaffung Elektrik/Elektronik zuständig.
Auch die Dachgesellschaft Porsche Automobil Holding SE hatte dank des brummenden Autogeschäfts nach langer Durststrecke einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro (August bis Dezember 2010) eingefahren. Zuvor verbuchte die Holding, unter deren Dach die Porsche AG und die Beteiligung der Stuttgarter an VW gebündelt sind, zwei Geschäftsjahre lang tiefrote Zahlen. Grund: Der verlorene Übernahmekampf mit VW.
Nachdem Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking im Sommer 2009 mit seinem Plan scheiterte, den viel größeren VW-Konzern zu übernehmen, drehten die Wolfsburger den Spieß um. Porsche soll nun als zehnte Marke unter das Dach von Volkswagen schlüpfen.
Doch vor allem wegen der sich hinziehenden Ermittlungen gegen Wiedeking und seinen früheren Finanzchef Holger Härter ist der Zeitplan für das Zusammengehen noch in diesem Jahr in Gefahr. Den Managern, die im Sommer 2009 gehen mussten, wird im Zuge des gescheiterten VW-Übernahmeversuchs unter anderem Untreue vorgeworfen. Außerdem ist Porsche noch dabei, den während der Auseinandersetzung mit VW angehäuften Schuldenberg von mehreren Milliarden Euro abzutragen. Auch dies ist eine Voraussetzung für ein Zusammengehen der beiden Autobauer, denn VW will kein unkalkulierbares Risiko eingehen.