Portugal braucht Finanzhilfe von der EU
Lissabon (dpa) - Das hochverschuldete Portugal bittet die Europäische Union nun doch um Finanzhilfe in noch unbekannter Milliardenhöhe. Das erklärte der Finanzminister der geschäftsführenden Regierung, Fernando Teixeira dos Santos, am Mittwoch in Lissabon.
Nach Griechenland und Irland wäre Portugal damit das dritte Land, das am EU-Finanztropf hängen würde. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bestätigte das portugiesische Begehren und sicherte dem Land „schnellstmögliche“ Hilfe zu.
Barroso, einst portugiesischer Regierungschef, teilte am Mittwochabend in Brüssel mit, er habe „Vertrauen in Portugals Fähigkeit, die derzeitigen Probleme zu überwinden“. Der Rettungsfonds EFSF könnte bis zu 250 Milliarden Euro an klamme Eurostaaten ausleihen. Im Gegenzug wird von dem Krisenstaat ein striktes Sparprogramm verlangt. Der förmliche Antrag lag bis zum Abend in Brüssel noch nicht vor.
Barroso sagte, er habe dem amtierenden portugiesischen Regierungschef José Sócrates zugesichert, dass diese Bitte „in der schnellstmöglichen Weise entsprechend den einschlägigen Regeln behandelt“ werde, hieß es in einer Mitteilung Barrosos. Sócrates habe die EU am Mittwoch über das Hilfsersuchen informiert.
Die Bitte Portugals um Finanzhilfe kommt unmittelbar vor einem informellen Treffen der Finanzminister der 17 Staaten umfassenden Eurozone und der 27 EU-Staaten am Freitag und Samstag in Gödöllö bei Budapest. Bei dem Treffen dürfte der Fall Portugal ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Finanzminister Teixeira erläuterte das Hilfsersuchen: „Portugal wurde in unverantwortlicher Art und Weise an den internationalen Finanzmärkten in eine sehr schwierige Situation gebracht.“ Damit spielte der Minister in einem Interview auf die Ablehnung des jüngsten Sparpakets der Minderheitsregierung durch die Opposition an.
Angaben über das mögliche Volumen der Hilfen liegen nicht vor. Vor knapp zwei Wochen hatte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in einem Interview gesagt, er halte für Portugal eine Summe von 75 Milliarden Euro für angemessen - falls Lissabon Unterstützung beantragen sollte.
Die Regierung von Ministerpräsident Sócrates ist seit rund zwei Wochen nur noch geschäftsführend im Amt. Sócrates war am 23. März zurückgetreten, nachdem seine Minderheitsregierung im Parlament keine Mehrheit für ein Sparpaket gefunden hatte. Das galt aber als Voraussetzung dafür, dass Portugal sein Staatsdefizit wie versprochen in den kommenden Jahren wieder unter die erlaubte Marke von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken kann. Ratingagenturen haben deshalb mehrfach die Kreditwürdigkeit des Landes gesenkt. Dementsprechend steigen die Zinsen, die Lissabon am Kapitalmarkt für neue Schulden zahlen muss, rapide.
Bislang hatte die Regierung die Möglichkeit eines Hilfsantrags stets zurückgewiesen und darauf hingewiesen, sie sei vor den Neuwahlen am 5. Juni auch gar nicht dazu befugt. Erst am Montag hatte sich Sócrates in einem Fernsehinterview noch energisch gegen einen Hilfsantrag an die EU ausgesprochen.
Er hatte gewarnt, ein solcher Schritt würde schlimme Folgen für die Portugiesen, aber auch für Europa haben. „Wenn Portugal fällt, dann werden der Euro und Europa geschwächt werden“, sagte er. Ein Hilfsantrag könne nur das „allerletzte Mittel“ sein. In der EU herrscht die Sorge, dass auch Portugals großer Nachbar Spanien in den Strudel der EU-Schuldenkrise geraten könnte.