Ratingagentur S&P stuft Italien ab

Rom/Madrid/Berlin (dpa) - Der Eurozone drohen neue Verwerfungen durch steigende Zinsen für neue Kredite an Schuldner wie Italien und Spanien. Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit Italiens von „A+“ auf „A“ herab - sehr zum Ärger der Regierung in Rom.

Wie teuer das Misstrauen der Märkte werden kann, erlebte Spanien am Dienstag. Für mehrere Milliarden frisches Geld verlangten die Geldgeber spürbar höhere Zinsen. Für die verunsicherten Finanzmärkte war die Entwicklung zunächst allerdings kein Grund für Verkäufe. Im Gegenteil: Anleger hofften, dass weitere Gespräche der griechischen Regierung mit Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) Fortschritte bringen.

Der deutsche Aktienindex Dax lag am Mittag im Plus. Unter Druck geriet die Gemeinschaftswährung: Der Euro rutschte ab und wurde zuletzt mit 1,3619 US-Dollar gehandelt. Für Italien kann es noch schlimmer kommen. Standard & Poor's (S&P) teilte in London mit, der Ausblick sei negativ. „Die Herabstufung spiegelt unserer Meinung nach die schlechter werdenden Wachstumsaussichten für Italiens Wirtschaft wider“, schrieb S&P. Die bisher ergriffenen Maßnahmen reichten nicht aus. Der Regierung bescheinigte S&P eine mangelnde Handlungsfähigkeit.

Wegen der Herabstufung droht Italien, nun höhere Zinsen für neue Kredite zahlen zu müssen. Je schlechter die Kreditwürdigkeit, desto größer ist das Risiko, dass der Gläubiger sein Geld verliert. Ein höheres Risiko lässt der Geldgeber durch höhere Zinsen ausgleichen.

Die konservative Regierung von Silvio Berlusconi kritisierte die S&P-Entscheidung. „Die Regierung hat stets das Vertrauen des Parlaments bekommen und so Stabilität bewiesen“, hieß es in einer Mitteilung der Regierung. Die Bewertung von S&P lasse politische Überlegungen vermuten.

Am Freitag hatte schon die Ratingagentur Moody's gedroht, Italien herabzustufen. Moody's bewertet Italien in seinem System mit „Aa2“ - und damit besser als S&P. Italien hat nach Griechenland den zweithöchsten Schuldenstand in der Eurozone. Um Sanierungswillen zu demonstrieren, hatte die Regierung in Rom zwei Sparpakete von zusammen mehr als 100 Milliarden Euro auf den Weg gebracht.

Die EU-Kommission sprang der römischen Regierung bei. „Italien handelt, um die gesamtstaatliche Verschuldung zu senken“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel.

Für Spanien war die jüngste Anleiherunde kostspieliger als vergleichbare davor. Wie das Finanzministerium in Madrid mitteilte, wurden Anleihen mit Laufzeiten von 12 und 18 Monaten begeben, die 4,457 Milliarden Euro in die Kasse spülten. Für 12-monatige Anleihen werden 3,6 Prozent (zuvor 3,3 Prozent) fällig, für die 18-monatigen 3,8 Prozent (3,6). Spanien leidet wie Italien unter schwachem Wirtschaftswachstum.

Das Drama um das von der Staatspleite bedrohte Griechenland, das nach Ansicht seiner Partner hinter versprochenen Spar- und Reformanstrengungen hinterherhinkt, ging in die nächste Runde. Für Dienstag waren neue Gespräche geplant.

Finanzminister Evangelos Venizelos hatte am Vortag harte Einschnitte angekündigt - beispielsweise die Schließung unrentabler Unternehmen, die von Subventionen abhängen, bis Jahresende.

Venizelos hatte telefonisch mit der „Troika“ aus EU, IWF und EZB verhandelt. Er will sie bewegen, ihre Experten wieder nach Athen zu schicken. Nach der unerwartet kurzen Konferenz bewertete sein Ministerium die Gespräche als produktiv. Ein Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Wir sind zufrieden und zuversichtlich, dass sie gut abgeschlossen werden“.

Ohne positiven Bericht der Troika über die Sanierung gibt es kein frisches Geld. Die nächste Kredittranche beträgt acht Milliarden Euro und stammt aus dem alten Hilfsprogramm von 110 Milliarden Euro. Fließen das Geld nicht, ist Griechenland im Oktober zahlungsunfähig.

Gut eine Woche vor der Bundestags-Abstimmung über neue Euro-Hilfen gibt es eine Verständigung von Union und FDP auf erweiterte Parlamentsrechte. Das sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) in Berlin. Grundsätzlich darf die Regierung keine Notmaßnahmen des Euro-Rettungsfonds EFSF ohne Parlamentsbeteiligung billigen. Er sagte, der Bundestag werde an allen wesentlichen Entscheidungen beteiligt. Der richtige Ort sei zunächst der Haushaltsausschuss.

Die Unsicherheit für den Ausgang der Rettungs- und Sanierungsmaßnahmen in der Eurozone dämpfen offensichtlich das Vertrauen deutscher Finanzexperten in die Konjunktur. Der ZEW-Index fiel auf den tiefsten Stand seit Dezember 2008 und fiel im September um 5,7 Punkte auf minus 43,3 Zähler, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim mitteilte.