Schätze in der Tiefe der Ozeane
Auf den Meeresböden lagern wertvolle Rohstoffe wie Mangan. Nun planen deutsche Forscher die Ernte in der Tiefsee.
Hannover. Im Englischen gibt es eine Redewendung für einen relativ geringen Aufwand, mit dem man seinem Ziel anfangs rasch näher kommt: „Low hanging fruits“ — leicht zu erntende Früchte. Im Rennen um die globalen Rohstoffreserven hängen die Früchte aber immer höher. Wachsender Bedarf steht endlichem Vorrat gegenüber.
Die Industrie löst das Problem auf ihre Art. Sie bohrt noch tiefer nach Vorkommen, trennt Öl selbst aus Sand heraus oder pumpt kilometertief Chemie in Gestein, um an verborgenes Gas zu kommen (Fracking). Ausgerechnet das rohstoffarme Deutschland könnte jedoch bald als Vorreiter einen neuen Weg gehen — und Rohstoffe aus der Tiefsee fischen.
Deutschland hält seit 2006 eine Lizenz für zwei Gebiete im Pazifik zwischen Mexiko und Hawaii. Seither läuft die Erforschung um die Objekte der Begierde wie Mangan, Kupfer, Nickel und Kobalt, aber auch das aus Batterien bekannte Lithium. Die Vorkommen liegen einfach auf dem Meeresboden, in Form von Knollen. Der Haken: Tiefseebergbau gab es noch nie. „Wir reden hier von bis zu 6000 Metern Tiefe“, sagt Prof. Hans-Joachim Kümpel, Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Bis zum Jahr 2021 wahren die Erkundungsrechte Deutschland den exklusiven Zugang zu den Lagerstätten am Ozeanboden. Die zwei Gebiete sind zusammen größer als Bayern. Die Experten verschafften sich mit Forschungsschiffen einen Überblick. „Es ist sehr vielversprechend“, berichtet Kümpel.
Doch wann wird geschürft? „Wir werben dafür, dass es in drei bis vier Jahren einen Erprobungstest gibt“, sagt Kümpel. Die Knollen aus der Tiefe beherbergen unter anderem Stoffe, die wichtig sind für die Elektro- und Computerindustrie oder Prozesse der Stahlherstellung.
Die generellen Chancen hat das Bundeswirtschaftsministerium schon in einer Studie prüfen lassen. Dabei war auch die Firma Aker Wirth aus Erkelenz, die Spezialgerät für den Bergbau und die Arbeit im Meer entwickelt.
Steffen Knodt von Aker Wirth erläutert: „Für einen wirtschaftlichen Abbau ist ein kontinuierlicher Rohstofftransport von den Kollektoren über kilometerlange Förderstränge erforderlich.“ In diesen Wassertiefen müsse jedes einzelne Teil Schwerstarbeit leisten. Neben den technischen Herausforderungen habe die Studie gezeigt, dass der Tiefseebergbau bereits bei den aktuellen Rohstoffpreisen „sehr wirtschaftlich“ sei.
Zuständig für Grünes Licht zum Abbau ist die Internationale Meeresboden Behörde ISA auf Jamaika. Sie wird zuvor auch die Umweltauswirkungen beurteilen.