Schicksal für Schlecker besiegelt: Ringen um IhrPlatz
Ulm (dpa) - Die Drogeriemarktkette Schlecker ist Geschichte. Die Schlecker-Gläubiger haben am Dienstag wie erwartet das endgültige Aus des einstigen Marktführers beschlossen, wie Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz nach dem Treffen in Ulm mitteilte.
Eine Fortführung sei nicht zu vertreten gewesen. Insgesamt seien bislang Forderungen in Höhe von 665 Millionen Euro angemeldet worden. Über die mögliche Quote zur Entschädigung der Gläubiger konnte Geiwitz keine Angaben machen.
Bereits am Freitag hatte sich der Ausschuss der größten Gläubiger für das Ende von Schlecker ausgesprochen und damit die Weichen auf Abwicklung gestellt. Die Kündigungen der noch 13 200 Mitarbeiter sollen zum Ende des Monats rausgehen. Bei einer ersten Schließungswelle hatten schon 11 000 Mitarbeiter ihren Job verloren.
Rund 5000 Beschäftigte der beiden Schlecker-Töchter IhrPlatz und Schlecker XL können weiter hoffen. Denn die 490 Filialen von IhrPlatz sowie die 342 Schlecker-XL-Märkte sollen vom Münchner Investor Dubag übernommen werden. Die Zukunft der XL-Filialen ist Thema einer eigenständigen Versammlung, die noch am Dienstagnachmittag stattfinden sollte. Die Gläubigerversammlung von IhrPlatz ist dagegen für Mittwoch anberaumt.
Im Hintergrund ging das Ringen um die bereits sicher geglaubte Rettung der Tochterfirmen weiter. Die Verhandlungen über die Übernahme durch den Münchner Investor Dubag liefen noch, sagte ein Sprecher des Kreditversicherers und Gläubigers Euler Hermes am Dienstag. Er kritisierte, dass Dubag-Chef Michael Schumann angesichts der notwendigen Zustimmung der Gläubigerversammlung von einer „Formsache“ gesprochen habe. Über Ergebnisse könne erst nach Abschluss des Verfahrens berichtet werden.
Geiwitz sagte, er gehe davon aus, dass sich die Parteien einigen. Allerdings könnte der Deal laut „Wirtschaftswoche“ noch platzen. Grund sei ein Streit mit den Gläubigern über den Wert der Regalware, berichtete das Blatt unter Berufung auf Verhandlungskreise. Dabei gehe es um den Preis, den die Dubag für die in Lagern und Filialen vorhandenen Waren von IhrPlatz und Schlecker XL bei der Übernahme zahlen soll. Euler Hermes wolle mehr Geld als zunächst vereinbart. „Dieser Vorwurf ist falsch“, sagte der Euler-Hermes-Sprecher. Ein Schlecker-Sprecher berichtete am Rande der Versammlung in Ulm nur, dass ein Verkauf von allen Seiten angestrebt werde, der Vertrag für Schlecker XL aber noch nicht unter Dach und Fach sei.
Vor dem Versammlungsort demonstrierten Hunderte Verkäuferinnen des einstigen Branchenprimus. Die Verdi-Landesvorsitzende Leni Breymaier sagte: „Was hier passiert, ist eine Katastrophe für die Schlecker-Frauen und Schande für die soziale Marktwirtschaft.“ Sie forderte Hilfen wie etwa einen Sonderfonds bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder Geld für Transfergesellschaften.
Die BA sieht hingegen gute Jobchancen für die vor der Entlassung stehenden 13 200 verbliebenen Mitarbeiter und hält gesonderte Instrumente nicht für nötig. „Wir haben gerade im Einzelhandel eine hohe Dynamik“, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Bundesagentur suche bereits nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Betroffenen. „Wir führen Gespräche mit großen Firmen wie Amazon, McDonald's, Lidl oder dem Dänischen Bettenlager, um zu sehen, wo Verkäuferinnen unterkommen könnten“, sagte Alt.
Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz nahm indessen Firmenpatriarch Anton Schlecker in Schutz und wies Medienberichte zurück, wonach der frühere Chef der Drogeriekette womöglich viel Geld beiseitegeschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen habe. Kritiker könnten der Familie vieles vorwerfen - etwa, dass sie zu spät auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten reagiert habe. „Nicht aber die Rettung von Vermögen in großem Stil“, sagte der Insolvenzverwalter. Schlecker habe zwischen 2008 und 2011 mehrere Hundert Millionen Euro in das kriselnden Drogerie-Imperium gesteckt. Auch der Anwalt der Familie wies die Vorwürfe gegen Schlecker zurück: „Die Spekulationen entbehren jeder Grundlage.“