Siemens braucht langen Atem

Es läuft noch nicht rund: Das wacklige Umfeld, Wachstumsschwäche und Probleme im Energiegeschäft trüben die Aussichten.

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München/Berlin. Ernüchterung bei Siemens: In seinem ersten vollen Geschäftsjahr als Konzernchef hat Joe Kaeser den größten Umbau seit Jahren auf den Weg gebracht — doch bis Siemens die Früchte der Neuordnung ernten kann, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Wettbewerber sind da schon viel weiter und wachsen — während Siemens an Boden verloren hat. Von Aufbruchstimmung war deshalb gestern bei der Bilanz-Vorlage in Berlin wenig zu spüren.

Das Energiegeschäft als große Hoffnungssparte ist eine Großbaustelle: Siemens-Vorstand Lisa Davis, die ihr Büro extra im Öl-Staat Texas bezogen hat, muss die beiden zentralen Neuzugänge Dresser-Rand und Teile von Rolls-Royce in die Siemens-Welt integrieren. Doch auf der anderen Seite des Atlantik drängen die Probleme mindestens genauso.

Kurios: Einmal geht es um zu wenig, einmal um zu viel Geschäft. Bei Windrädern schoss die Nachfrage derart in die Höhe, dass Siemens inzwischen ungekannte Stückzahlen produzieren muss — aber das geht auf Kosten der Qualität. Kaputte Rotorblätter und zu früher Verschleiß bei anderen Bauteilen kosteten im vierten Geschäftsquartal, das im September endete, 223 Millionen Euro und rissen die Sparte in die roten Zahlen.

Aber auch an anderer Stelle im Energiegeschäft muss die ehemalige Shell-Managerin anpacken: Weil die Nachfrage nach großen Gasturbinen seit Jahren schrumpft, herrscht in Siemens-Werken Leerlauf. Ein Stellenabbau ist beschlossene Sache, angeblich sollen rund 1200 Jobs an mehreren deutschen Standorten betroffen sein. Aber auch andere Beschäftigte müssen sich auf Einschnitte einstellen — der Umbau dürfte tausende Jobs kosten.

Kaeser will sich die Lage bei Siemens aber nicht schlechtreden lassen. Dass ein Konzern mitten in einem der größten Umbauprozesse seiner Geschichte gleich zweimal nacheinander den Gewinn steigert, sei nicht alltäglich. Die Aktionäre dürfen schon einmal daran teilhaben: Sie können sich auf einen kräftigen Dividendenzuschlag für das abgelaufene Geschäftsjahr um zehn Prozent auf 3,30 Euro je Aktie freuen.