Solarworld kämpft ums Überleben
Bonn (dpa) - Das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld kämpft um seine Zukunft und schockt die Anleger. Die anhaltende Krise in der Solarbranche und der harte Wettbewerb mit China bringen den Bonner Konzern finanziell immer stärker in Bedrängnis.
Gläubigern droht nun der Schuldenschnitt.
Der Aktienkurs von Solarworld brach am Freitag um etwa 30 Prozent ein. Solarworld-Chef Frank Asbeck sieht gleichwohl eine positive Perspektive für das angeschlagene Unternehmen und kündigte weitere Maßnahmen zur Kostensenkung an. Es gehe zur Schuldenreduzierung um unterschiedliche finanzwirtschaftliche Maßnahmen, sagte Asbeck in Bonn der Nachrichtenagentur dpa. Dabei würden auch Gespräche mit Banken geführt. „Das hat nichts mit einer Insolvenz zu tun.“
Daneben könne es im operativen Bereich bei den Arbeitsplätzen zu „geringfügigen weiteren Anpassungen“ auf der Lohnkostenseite kommen, sagte Asbeck. Hier sei die wesentliche Arbeit aber bereits im Jahr 2012 „mit einem umfangreichen Paket“ auch mit Entlassungen und Kurzarbeit gemacht worden. Derzeit gebe es Kurzarbeit am Produktionsstandort Freiberg (Sachsen). Bei neuen Umstrukturierungen gehe es um Reduzierung der Lohnkosten von unter 10 Prozent. Solarworld hat bereits rund 500 Stellen abgebaut und inzwischen rund 2500 Beschäftigte.
Es stünden „gravierende Einschnitte bei den Verbindlichkeiten der Gesellschaft, insbesondere den ausgegeben Anleihen und Schuldscheindarlehen“ an, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend mit. Solarworld sprach zugleich von einer „positiven Fortführungsprognose“. Nach Ansicht von Experten steht aber wahrscheinlich ein Gläubigerverzicht an.
Ende September hatte Solarworld eigenen Angaben zufolge langfristige Schulden in Höhe von 1,04 Milliarden Euro. Darunter 543 Millionen Euro in Anleihen und 354,2 Millionen Euro in Schuldscheinen.
Die von einem möglichen Schuldenschnitt betroffenen Anleihen gingen am Freitag ebenfalls auf Talfahrt. Die Papiere notierten an der Börse in Stuttgart nur noch bei rund einem Viertel ihres Nennwerts. Die erforderliche finanzielle Restrukturierung und notwendige Maßnahmen operativer Art dürften aber wohl im Interesse aller umgesetzt werden können, hieß es in der Pflichtmitteilung.
„Nach den gegenwärtigen Finanzkennziffern müssten die bereits begebenen Anleihen durch eine neue Anleihe refinanziert werden. Dies ist weder angesichts des Marktumfelds noch aufgrund der dann nötigen höheren Verzinsung möglich“, sagte Wolfgang Hummel, Experte beim Zentrum für Solarmarktforschung.
Nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, wird den Anleihegläubigern die Pistole auf die Brust gesetzt: „Entweder sie verzichten auf einen Teil ihres Geldes, oder sie laufen Gefahr im Rahmen einer Insolvenz noch mehr, wenn nicht alles zu verlieren.“ Auch die Aktionäre hätten grundsätzlich ein Interesse daran, eine Insolvenz zu vermeiden, sagte Tüngler im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. „Sie bekommen im Falle einer Insolvenz praktisch nichts, deswegen werden Sie wahrscheinlich bereit sein, die Kröte der Verwässerung durch eine Kapitalerhöhung zu schlucken.“
Solarworld war wegen des branchenweiten Preisverfalls im dritten Quartal 2012 tiefer in die roten Zahlen gerutscht und hatte einen Verlust von rund 69 Millionen Euro erlitten. Für das Gesamtjahr erwartet der Konzern einen deutlich sinkenden Umsatz sowie einen hohen operativen Verlust. Um gegenzusteuern, hatte Solarworld angekündigt, sein Sparprogramm auszuweiten. Die Jahreszahlen sollen am 21. März präsentiert werden.
Das Unternehmen mit Sitz in Bonn gehört nach eigenen Angaben weltweit zu den größten Solarkonzernen und verfügt demnach über Standorte in allen wichtigen Zielmärkten. Dazu zählen neben Deutschland noch Spanien, Frankreich, Südafrika, Asien und die USA.