Thyssen-Krupp büßt sein Bollwerk ein
Die Stiftung kann nicht mitziehen und verliert ihre Sperrminorität.
Essen. In den vergangenen Jahren galt die Krupp-Stiftung als Bollwerk gegen mögliche feindliche Übernahmen beim Essener Traditionskonzern Thyssen-Krupp. Jetzt musste sich der finanziell angeschlagene Industrieriese über eine Kapitalerhöhung, bei der die Stiftung nicht mitzog, frisches Geld besorgen. Die klamme Stiftung hat sich in erster Linie über die seit einiger Zeit ausbleibenden Dividenden-Zahlungen des Konzerns finanziert — und nun ihre Sperrminorität verloren. Wird Thyssen-Krupp künftig zum Spielball von Investoren? Fragen und Antworten:
Nach der Fusion von Thyssen und Krupp 1999 hatte der Anteil der Stiftung am neu entstandenen ThyssenKrupp-Konzern zunächst noch bei knapp 17 Prozent gelegen. Bis zum Jahr 2007 war die Beteiligung dann schrittweise auf zunächst 25,1 und 2009 auf 25,3 Prozent aufgestockt worden. Nach der Kapitalerhöhung ist sie nun wieder auf knapp 23 Prozent gesunken.
Ein Aktionär, der über eine Sperrminorität von mehr als 25 Prozent der Aktien verfügt, kann wichtige Beschlüsse der Hauptversammlung blockieren, die eine 75-prozentige Mehrheit erfordern. Dazu gehören etwa Fusionen, Abberufungen von Aufsichtsratsmitgliedern, Satzungsänderungen oder auch die Auflösung der Gesellschaft. Ein Aktienpaket von über 25 Prozent ist dazu bei den Abstimmungen allerdings nur nötig, wenn tatsächlich 100 Prozent der Aktionäre mitstimmen. Das ist in der Praxis so gut wie nie der Fall. Bei den Hauptversammlungen von Thyssen-Krupp sind in der Regel nur zwischen 50 und 60 Prozent der Stimmen vertreten.
Als Folge des nun unter die 25-Prozent-Schwelle gesunkenen Anteils kann die Stiftung künftig nur noch zwei statt bislang drei Aufsichtsratsposten bei Thyssen-Krupp besetzen. Das sieht ein 2007 gegen den Widerstand vieler Aktionäre eingeführtes Entsenderecht vor. Danach hat die Stiftung das Recht, ihre Vertreter ganz ohne den sonst notwendigen Beschluss der Hauptversammlung in das Kontrollgremium des Konzerns zu schicken.
Derzeit ist noch unklar, ob der Investor Cevian seinen Anteil von zuletzt 6,1 Prozent bei der Kapitalerhöhung weiter aufgestockt hat. Damit könnte die schwedische Beteiligungsgesellschaft in die Bresche springen, die die Stiftung hinterlassen hat. Die Schweden hatten ihr Engagement bislang mit einem „erheblichen Potenzial“ für die Entwicklung von Thyssen-Krupp begründet. Medienberichten zufolge strebte der Investor zuletzt einen Anteil von zehn Prozent an.
Der Konzern zeigte sich erfreut über das Engagement des Investors. Dabei gilt es jedoch als strittig, ob Cevian Helfer oder Heuschrecke ist. Das Unternehmen selbst sieht sich als langfristig orientierter Anleger.