Union tritt bei Ökostrom-Ausbau auf die Bremse
Berlin (dpa) - Die schwarz-rote Koalition steuert auf einen Konflikt bei der Reform der Ökostrom-Förderung und dem weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien zu.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) pocht auf Korrekturen und eine Begrenzung vor allem der Windenergie, um „starke Kostensteigerungen“ zu verhindern.
In einem Brief an SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schlägt Kauder vor, den Referentenentwurf von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) noch vor der Kabinettsbefassung zu überarbeiten. Der Beschluss des schwarz-roten Kabinetts verzögert sich bereits seit Wochen.
Mit den von der Union geforderten Korrekturen könne es „gelingen, den Anstieg der EEG-Umlage und der Netzengpasskosten spürbar zu dämpfen, ohne dass dadurch unsere ambitionierten Ausbauziele für erneuerbare Energien in Frage gestellt würden“, schreibt Kauder in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief.
Nach Darstellung des Unions-Fraktionschefs schreitet der Ausbau von Windenergie an Land in „einem Tempo voran, das weder mit dem Korridor noch mit dem Netzausbautempo in Einklang steht“. Auch der Ausbau der Windenergie auf See liege weit über der Zielmarke des Koalitionsvertrages.
Diese Entwicklungen führten nicht nur zu erheblichen Mehrkosten in der EEG-Umlage, sondern auch zu steigenden Netzentgelten. Bei höheren Stromkostenbestandteilen seien zudem Ausnahmen für die stromintensive Industrie nötig. Aber schon heute gebe es massive beihilferechtliche Probleme mit der EU-Kommission, so Kauder.
Grünen-Experte Oliver Krischer nannte Kauders Vorstoß einen „Generalangriff auf die Energiewende“ mit ihrer mittelständisch geprägte Erneuerbaren-Branche und mehr als 350 000 Arbeitsplätzen. Die Forderungen seien auch eine „absurde Reaktion auf das Ergebnis des Pariser Klimagipfels“, sagte Krischer der dpa: „Statt jetzt den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzutreiben, um die Klimaziele zu erreichen, wollen die Unionsvertreter eine Vollbremsung.“
Kern der EEG-Reform 2016 ist die Umstellung der milliardenschweren Förderung von Ökostrom auf Ausschreibungen. Feste Sätze für Strom aus erneuerbaren Energien sollen ab 2017 zu größtenteils abgeschafft werden. Die Höhe wird dann per Ausschreibung im Wettbewerb vergeben.
Konkret plädiert Kauder dafür, den Ausbau der Windenergie an Land auf das im EEG 2014 angestrebte Maß zurückzuführen. Das Volumen sollte auf maximal 51 Gigawatt bis 2020 begrenzt werden. Nötig seien feste jährliche Mengenkontingente sowie mehr Kosteneffizienz.
Vor einem weiteren Ausbau von Windenergie auf See sollte laut Kauder zunächst der „momentan entstehende Überhang“ abgebaut werden. Der weitere Ausbau setze zudem zwingend die Bereitstellung inländischer Netze voraus. Um neue Kostenrisiken für die EEG-Umlage zu vermeiden, sollte es bei „negativen Strompreisen“ - die entstehen bei Stromüberschuss trotz negativer Preissignale von der Börse - für Neuanlagen keine Förderung von Öko-Strom geben.
In die neuen Ausschreibungen sollten alle Anlagen ab 30 Kilowatt einbezogen werden. Auch Biomasse sollte über gesetzlich verankerte Ausschreibungen einbezogen werden. Dabei sollte die Leistung bestehender Anlagen erhalten und gegebenenfalls auch ein moderater Zubau erreicht werden können. Nach bisherigen Eckpunkten der EEG-Novelle gilt bei Biomasse eine Ausschreibung allein für neue Anlagen als nicht sinnvoll. Anders sei die Lage bei Bestandsanlagen. Dort solle die Förderung ab 2020 schrittweise auslaufen.
Der Strompreis hat mehrere Bestandteile. Strom selbst schlägt beim Endpreis nur mit etwa einem Viertel zu Buche. Etwa die Hälfte sind Umlagen, Steuern und Abgaben - darunter die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms. Das übrige Viertel entfällt auf den Transport. Dieses Netzentgelt steigt - auch, weil neue Leitungen gebaut werden müssen. Mit dem Anstieg der Ökostrom-Umlage auf Rekordniveau werden 2016 nach früheren Angaben knapp 23 Milliarden Euro zur Förderung der erneuerbaren Energien auf Verbraucher und Firmen abgewälzt.