US-Finanzkrise: Washington wirbt um Vertrauen

Washington/Frankfurt (dpa) - Die US-Regierung wirbt angesichts der skeptischeren Blicke auf ihre Kreditwürdigkeit um Vertrauen. „Wir hinken nicht hinterher, wir kommen bei der Bewältigung des fiskalen Problems voran,“ versicherte Finanzminister Timothy Geithner am Dienstag.

Präsident Barack Obama betonte, es gebe bereits grundsätzliche Einigkeit zwischen den politischen Lagern über einen Defizitabbau. Auf den Finanzmärkten kehrte nach den heftigen Ausschlägen vom Vortag wieder Ruhe ein. Langfristig, so meinen Experten, könnten deutsche Anleihen als „sichere Häfen“ von einer Abstufung der USA sogar profitieren.

Obama äußerte sich optimistisch, dass der Abbau des schwindelerregenden Etatdefizits möglich sei. „Ich glaube, dass Demokraten und Republikaner zusammenkommen können, um das zu schaffen“, sagte er. Über die Frage, wie gespart werden solle, werde es aber noch heftige Kontroversen geben. Obama ging in einer Rede in Annadale in Virginia nicht direkt auf die von der Ratingagentur Standard & Poor's am Montag geäußerten Zweifel an der langfristigen Bonität der USA ein.

Geithner sagte dem Sender CNBC, tatsächlich seien die Aussichten für einen Abbau des Haushaltsdefizits heute besser als seit langem. Alle Seiten - der Präsident, die Demokraten und die Republikaner - seien sich darin einig, dass etwas geschehen müsse. „Wenn man genau hinblickt, sieht man, dass sich ein Konsens herauszubilden beginnt.“

Die Ratingagentur S&P hatte am Montag die Bonität der USA zwar weiter mit der Bestnote „AAA“ bewertet, aber den langfristigen Ausblick von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt. Damit droht in den kommenden zwei Jahren eine Herabstufung - laut Mitteilung mit einer Wahrscheinlichkeit von 33 Prozent. Grund für die Beurteilung seien die im Vergleich zu anderen mit „AAA“ bewerteten Ländern „sehr hohen Haushaltsdefizite“. Außerdem sei unklar, wie die steigende Staatsverschuldung abgebaut werden solle.

Die Lage an den deutschen Finanzmärkten beruhigte sich am Dienstag nach den Turbulenzen vom Vortag. Der Dax erholte sich von seinen deutlichen Kursverlusten. Am Montag hatte er den größten Tagesverlust seit dem 15. März verzeichnet, als er im Zuge der Atomkatastrophe in Japan mehr als drei Prozent verloren hatte. Die Kurse deutscher Staatsanleihen gaben einen Teil ihrer Gewinne wieder ab. Am Montag war das Interesse an deutschen Anleihen als sicherer Alternative deutlich gestiegen.

„Die heutigen Verluste bei den deutschen Anleihen sind vor allem eine Gegenbewegung nach den sehr starken Gewinnen am Montag“, sagte Ulrich Wortberg, Analyst bei der Landesbank Hessen-Thüringen. „Deutsche Anleihen werden aber auch künftig von einer möglichen Verschärfung der US-Schuldenprobleme profitieren,“ erwartet er. In Europa seien deutsche und französische Anleihen die einzigen Alternativen zu US-Anleihen, sagte er unter Verweis auf die erstklassige Bonität und den großen Markt.

Mit einem Tag Abstand hätten einige Anleger dem Warnschuss von S&P auch etwas Positives abgewonnen, sagte Kapitalmarktexperte Fidel Helmer von der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Sollten die USA ihr Top-Rating verlieren, drohe die Gefahr, dass amerikanische Staatsanleihen ihre Rolle als „sicherer Hafen“ verlieren, unterstrich UniCredit-Experte Rees. „Gewinner dürften wohl Bundesanleihen sein“.

Die USA häufen allein im laufenden Haushaltsjahr bis zu 1,65 Billionen Dollar neue Schulden an, rund 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Gesamtverschuldung der USA beträgt derzeit mehr als 14,2 Billionen Dollar. Das ist an der Wirtschaftsleistung gemessen das dickste Minus in der Staatskasse der größten Volkswirtschaft seit fünf Jahrzehnten. Ein schlechteres Rating kann zu erheblich höheren Zinsen für US-Staatsanleihen führen. Dies könnte nach Expertenmeinung das ohnehin zaghafte Wirtschaftswachstum abwürgen und die Gefahr einer neuen Rezession heraufbeschwören.

Obama brach am Dienstag zu einer dreitägigen Werbetour für sein Sparprogramm auf. Obama will innerhalb der nächsten 12 Jahre 4 Billionen Dollar (2,8 Billionen) einsparen, die Republikaner wollen binnen von zehn Jahren die Defizite um 5,8 Billionen Dollar senken und setzen dabei vor allem auf tiefe Einschnitte im Sozialwesen. Obama lehnt das entschieden ab, wie er auch am Dienstag erneut klar machte.

Obamas Top-Wirtschaftsberater Austan Goolsbee sprach unterdessen von einem „politischen Urteil“ von S&P, „dem nicht zu viel Gewicht beigemessen werden sollte“. Obama habe schließlich Schritte zu größerer „fiskaler Verantwortung“ angekündigt, sagte Goolsbee Bloomberg TV.