VW baut nach Jahrzehnten wieder Autos in den USA
Chattanooga/New York (dpa) - Erst Promi-Dinner in der Millionenmetropole New York, dann Eröffnung des neuen Werks in der Südstaaten-Stadt Chattanooga: VW-Chef Martin Winterkorn zeigt Flagge in den USA, einem der wichtigsten und am härtesten umkämpften Automärkten der Welt.
Das Land nimmt eine Schlüsselstellung beim Ziel ein, bis 2018 zum weltgrößten Autobauer aufzusteigen. „Amerika, speziell die USA, sind ein wichtiger Markt für uns“, sagte Winterkorn am Dienstag in der brandneuen Fabrik. Volkswagen sei nun endgültig als lokaler Hersteller in den USA angekommen. Die asiatischen Konkurrenten oder auch die deutschen Wettbewerber BMW und Mercedes produzieren schon lange im dem Land. Bei VW sollen am Ende 2000 Mitarbeiter jährlich 150 000 speziell für die USA entwickelte Passat herstellen.
Die letzten Fahrzeuge hatte VW 1988 in den USA hergestellt in seinem damaligen Werk in Pennsylvania. Es waren Golf, die dort ab 1978 vom Band liefen. Zuerst verkaufte sich der Käfer-Nachfolger auch gut, doch am Ende machten zu hohe Produktionskosten und sinkende Verkäufe gepaart mit der vorpreschenden japanischen Konkurrenz dem Werk den Garaus. Ein großer Teil der VW-Modelle für den US-Markt kommt seitdem aus dem Werk im mexikanischen Puebla.
Seit einigen Wochen läuft die Produktion im neuen Werk in Chattanooga schon, der Verkauf der Mittelklasse-Limousine beginnt im Herbst, wenn die Händler genügend Wagen vorrätig haben. „Der Standort Emden muss sich keine Sorgen machen“, sagte Winterkorn. Dort ist die deutsche Passat-Produktion angesiedelt. Es handele sich beim US-Modell um ein anderes Auto, erläuterte Winterkorn. Es ist größer als der deutsche Passat.
Mit der Mittelklasse-Limousine zum Kampfpreis von 20 000 Dollar plus Steuern will der VW-Konzern seine Verkäufe in den Vereinigten Staaten deutlich ankurbeln und seinen Marktanteil bis 2018 auf sechs Prozent verdoppeln. Neben der Massenmarke VW wächst derzeit auch die Premiummarke Audi stark.
Zusätzlich zu den eigenen Arbeitsplätzen kalkuliert VW durch die Zulieferer, die sich in der Region angesiedelt haben, mit weiteren 10 000 Jobs. Und es könnten noch mehr Arbeitsplätze entstehen. „Die Fabrik ist so angelegt, dass wir sie problemlos erweitern können“, sagte Winterkorn. „Theoretisch wären weitere Volkswagen-Modelle möglich.“ Es sei auch denkbar, dass Audi sich dem Komplex anschließe. Eine Porsche-Produktion in den USA schloss Winterkorn indes aus. Die Entscheidung könnte schon binnen zwölf Monaten fallen.
Der gesamte VW-Konzern ist derzeit auf Kurs zu einem neuen Rekordjahr. „Die Auftragsbücher sind voll“, sagte Winterkorn. Durch das neue US-Werk soll auch in den USA die Wende gelingen, wo VW bislang Geld verliert - denn die meisten Modelle müssen zu ungünstigen Wechselkursen eingeführt werden. Er hoffe, dass VW in den USA schon bald schwarze Zahlen schreibe, sagte Winterkorn. Gelingen soll das nicht zuletzt durch den Einkauf lokaler Teile.
Mit seinen dicken Investitionen ist VW gern gesehen in Chattanooga und dem ganzen Staat Tennessee. Zur Einweihung des Werks war sogar US-Verkehrsminister Ray LaHood erschienen, der die VW-Leute als „Freunde“ bezeichnete und den spritsparenden Dieselmotor der Deutschen lobte. Gouverneur Bill Haslam hofft, dass sich weitere Firmen ansiedeln und VW die Produktion rasch ausbaut.
Volkswagen rührt derzeit kräftig die Werbetrommel in dem Land. „Wir stehen zu den USA“, sagte Winterkorn. Bereits am Montag hatte er eine Partnerschaft mit dem Museum of Modern Art (MoMA) in New York besiegelt. Die Wolfsburger geben mehrere Millionen Dollar für zeitgenössische Kunst und bekommen dafür im Gegenzug etwas vom Glanz des weltbekannten Museums ab. Am Abend hatte Winterkorn mit Promis wie Popikone Madonna, John-Lennon-Witwe Yoko Ono und „Sex and the City“-Star Kim Cattrall diniert. Das sorgte für Aufmerksamkeit in der US-Presse.
Noch hinkt VW in den USA hinterher. Die Verkäufe liegen noch unterhalb der beiden südkoreanischen Konkurrenten Hyundai und Kia und meilenweit entfernt von General Motors, Ford oder Toyota. Die Wende sollen neben dem US-Passat der aus Mexiko stammende Jetta sowie der neue Beetle bringen. Im Nachbarland baut VW gerade auch eine neue Motorenfabrik.