Was von Arcandor übrig bleibt
Im Versandhandel soll der „profitable Kern“ freigelegt werden. Die Warenhäuser sollen es erst einmal allein versuchen.
Essen/Nürnberg. Der insolvente Arcandor-Konzern wird zerschlagen, eine Rettung als Ganzes wird es nicht geben. Für die beiden Handelstöchter plant der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg eine drastische Sanierung. Im November sollen die Gläubigerversammlungen über die dann konkretisierten Konzepte abstimmen.
Beim Versandunternehmen Primondo mit dem Flaggschiff Quelle wird nach Angaben des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg jede dritte der rund 10 500 Stellen in Deutschland wegfallen. Er will den "profitablen Kern von Quelle" freilegen. Die durchweg defizitären 109 Quelle-Technik-Center sollen geschlossen werden. Die Zahl der Quelle-Shops wird von 1450 auf rund 1000 reduziert. Quelle soll sich als "europäischer Marktführer im integrierten Homeshopping" aufstellen. Die neue Quelle soll Internet- und klassisches Kataloggeschäft sowie Universal- und Spezialversand vereinen. Spezialversender wie Baby-Walz, Planet Sports oder Madeleine sollen integriert werden.
Der Versandhändler Otto hat Interesse an den lukrativen Spezialversendern von Primondo und dem Auslandsgeschäft von Quelle. Die könnte er aber nach den jetzigen Plänen des vorläufigen Insolvenzverwalters wohl nur im Verbund mit Quelle Deutschland bekommen.
Die Zahl der Mitarbeiter soll sich deutlich verringern, Details nannte Görg dazu nicht. Bis zu 19 der 126 Waren- und Sporthäuser müssen voraussichtlich geschlossen werden. Welche das sind, wurde nicht bekannt. Für die Sanierung von Karstadt wird ein Insolvenzplanverfahren angestrebt. "Diese Operation wird Schmerzen bereiten", erklärte Görg. Auch die Vermieter sollen einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Standorte und Jobs leisten.
Mit der Insolvenz in Eigenregie soll Karstadt offenbar eine letzte Chance erhalten. Damit würde Metro vorerst nicht zum Zug kommen.
Diese Holding "haben wir jetzt auf den Prüfstand zu stellen", sagte Görg der "Welt". Möglichst im Oktober soll klar sein, wie viele der 94 Mitarbeiter entlassen und wie viele zur Abwicklung der Insolvenz gebraucht werden. Die Zukunft von Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick ist derzeit noch offen.
Verdi-Sekretär Johann Rösch sagte, bei den Quelle-Mitarbeitern herrsche tiefe Ohnmacht und eine große Verunsicherung. Die Entwicklung sei besonders dramatisch, weil Quelle eigentlich auf einem guten Weg gewesen sei und dieser Prozess durch die Insolvenz der Mutter Arcandor abrupt unterbrochen wurde. Der Karstadt-Betriebsrat hofft im Insolvenzverfahren auf die Rettung der meisten der 30000 Arbeitsplätze. "Ich bin mit jeder Lösung einverstanden, bei der viele Jobs gerettet werden", sagte die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Gabriele Schuster.
Arcandor hat die Aktien als Sicherheit für Kredite verpfändet. Insolvenzverwalter Görg macht sich allerdings Hoffnung auf einen Erlös aus der Veräußerung dieser Anteile. Der Verkauf des 43,9-Prozent-Paketes soll zur Entschuldung des insolventen Konzerns beitragen. Mit den Aktien ist ein ursprünglich 1,5Milliarden Euro schwerer Kredit besichert, der Görg zufolge nun noch 940 Millionen Euro umfasst. Die Differenz fällt der Insolvenzmasse zu. An der Börse sei das Aktienpaket derzeit mehr wert. Manny Fontenla-Novoa, Chef von Thomas Cook und Mitglied im Arcandor-Vorstand, sprach sich für eine Platzierung der Aktien an der Börse aus. dpa/Red