Wie Arbeiter Chrysler ausbremsen

Belegschaft lehnt Lohnkürzung ab. Das könnte die Rettung des Konzerns verhindern.

Detroit. Seit Monaten taumelt der größte US-Autokonzern General Motors (GM), nun könnte auch der Branchendritte Chrysler vor dem Aus stehen. Nachdem die kanadische Automobilarbeitergewerkschaft CAW die von der Unternehmensführung geforderten Lohnkürzungen ablehnte, hat der Konzern noch neun Tage Zeit, um der Regierung in Washington ein überzeugendes Sanierungskonzept vorzulegen.

Die Kritik an den Gewerkschaften, die sich querlegen und partout keine Zugeständnisse machen wollen, wächst immer mehr. Bis zum 30. April muss Chrysler in Washington ein Sanierungsprogramm vorlegen, das die Regierung von Präsident Barack Obama von der Überlebensfähigkeit des angeschlagenen Autoherstellers überzeugt.

Im Mittelpunkt der Diskussion stehen Umschuldungsvereinbarungen mit den größten Gläubigern sowie Lohnzugeständnisse, denen allerdings die einflussreichen Gewerkschaften zustimmen müssen. Bei den Großbanken Citigroup, JP Morgan Chase, Goldman Sachs und Morgan Stanley steht der Autobauer tief in der Kreide. Doch während die Geldhäuser alle bereit sind, die Kreditkonditionen nachzuverhandeln, sind es die Gewerkschaften, die keine Abstriche machen wollen.

Mit ihrer starren Haltung haben sich die Arbeitnehmervertreter nun auch den Zorn der Politiker in Washington zugezogen, die seit Monaten nach Wegen suchen, die traditionsreiche US-Autoindustrie vor dem Untergang zu bewahren.

"Alle machen Kompromisse, nur die Gewerkschaften bleiben uns ein Dorn im Auge" schimpfte ein leitender Berater Obamas. Ziel der Verhandlungen ist es, wenigstens mittelfristig die Löhne von Arbeitern, die bei den "Großen Drei" GM, Ford und Chrysler beschäftigt sind, auf das Niveau jener Kollegen zu drücken, die in den USA im Dienste ausländischer Hersteller stehen.

Wie aus einer neuen Studie hervorgeht, verdienen gewerkschaftlich organisierte Automobilarbeiter unter Berücksichtigung sämtlicher Nebenleistungen durchschnittlich 74 Dollar pro Stunde. Wer aber bei einem der fünf großen Toyota Werke in den USA tätig ist bekommt 40 Prozent weniger, nämlich 44 Dollar pro Stunde. Gerade vor dem Hintergrund der historischen Krise in der Autoindustrie bezeichnet das Weiße Haus das Lohngefälle als "nicht akzeptabel."

Doch weder die US-Gewerkschaft UAW, deren Mitgliederzahl auf unter 500000 gesunken ist und sich damit auf dem niedrigsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg befindet, noch die kanadische CAW geben nach. Wie UAW Chef Ron Gettelfinger betont, müssten die Löhne hoch gehalten werden, um die gewerkschaftlich verwalteten Pensionskassen zu füllen und die Krankenversorgung der in den Ruhestand getretenen Mitarbeiter zu finanzieren. Toyota-Mitarbeiter würden nicht dieselben Sozialleistungen genießen, folglich könne man dort niedrigere Bruttolöhne zahlen.

Kritiker hingegen machen die angeblich überzogenen Forderungen der UAW verantwortlich. Mit den Löhnen wurde nämlich Jahre lang die "Jobs Bank" der Autoarbeiter subventioniert. Diese garantiert UAW-Mitgliedern auch nach ihrer Entlassung die weitere Zahlung von 95 Prozent ihrer Bezüge. Erst als sich die Krise in der Autoindustrie Ende 2008 empfindlich zuspitzte, wurde die "Jobs Bank" wieder abgeschafft. Weitere Konzessionen, so Gettelfinger, seien aber nicht zumutbar.

Bleibt die Gewerkschaft bei dieser Haltung, dann dürfte der anvisierte Zusammenschluss mit Fiat platzen. Auch würde die Regierung den Geldhahn abdrehen, der Marsch zum Konkursrichter könnte für Chrysler-Chef Robert Nardelli dann unvermeidlich sein.