Sorge wegen Zöllen WTO: Welthandel könnte weiter stark wachsen
Genf/Frankfurt (dpa) - Die vor allem von den USA angefachten internationalen Handelskonflikte hinterlassen nach Einschätzung der Welthandelsorganisation (WTO) erste Bremsspuren auf den Weltmärkten.
„Es scheint, dass schon die Drohung mit einer weiteren Eskalation einen Einfluss hat“, warnte WTO-Direktor Roberto Azevêdo bei der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation am Donnerstag in Genf. Auch die Europäische Zentralbank und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zeigten sich besorgt.
Ein wichtiges Stimmungsbarometer für globale Export-Bestellungen sei im März deutlich gefallen, hieß es bei der WTO. Die jüngste Abschwächung könne der wachsenden Anti-Handels-Rhetorik zugeschrieben werden, hieß es. Indes spreche noch vieles für ein deutliches Wachstum beim Welthandel. Die WTO rechnet 2018 mit einem Plus der Weltwirtschaft von 4,4 Prozent, etwas weniger als im besonders starken Vorjahr. 2019 werde der Welthandel voraussichtlich um vier Prozent zulegen.
Jedoch hänge die Zunahme davon ab, dass die Regierungen einen angemessenen Kurs in ihrer Geld,- Finanz- und Handelspolitik verfolgten, schränkte die Organisation ein: „Eine weitere Eskalation von Handelsbeschränkungen könnte zu signifikant niedrigeren Zahlen führen.“ Jede falsche politische Entscheidung könne das Vertrauen untergraben.
Die USA und China haben gegenseitig hohe Strafzölle auf viele Güter angekündigt. Der Handelskonflikt zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften war Anfang April wegen US-Klagen über Urheberrechtsverletzungen und erzwungenen Technologietransfer offen ausgebrochen, hatte sich zuletzt jedoch etwas beruhigt. Auch Produkte aus Europa sind im Visier von US-Präsident Donald Trump, die EU bleibt aber bis Anfang Mai vorerst von Zöllen verschont. Die WTO warb für Durchbrechen der Eskalationsspirale und sieht sich in einer Vermittlerrolle.
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) zeigte sich beunruhigt. Im geldpolitischen Rat herrsche eine weitgehende Besorgnis wegen des erhöhten Risikos von Handelskonflikten, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Protokoll zur EZB-Zinssitzung von Anfang März. Ähnliche Bedenken finden sich auch in dem am Vorabend veröffentlichten Protokoll zur jüngsten Zinssitzung der amerikanischen Notenbank Fed.
Die konkreten Auswirkungen von Handelskonflikten hängen nach Einschätzung der EZB vor allem von der Höhe der erhobenen Importzölle und den Gegenmaßnahmen der betroffenen Länder ab. Weitere Folgen könnten sinkendes Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen sein.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte vor einer Eskalation der Konflikte. Die Zugehörigkeit zum weltweit größten Binnenmarkt biete zwar in handelspolitisch raueren Zeiten einen gewissen Schutz, sagte Weidmann laut Redetext in Berlin mit Blick auf die Europäische Union. „Gleichwohl ist die Möglichkeit eines Handelskrieges zwischen den großen Wirtschaftsräumen ein überaus Besorgnis erregendes Szenario und ein Risiko für den Aufschwung der Weltwirtschaft....“.