Elektroauto "Model 3" für 31 000 Euro - Tesla setzt den Massenmarkt unter Strom
Los Angeles (dpa) - Solchen Hype erzeugt sonst nur Apple mit neuen iPhones: Unter brausendem Applaus enthüllt Tesla-Chef Elon Musk das Auto, mit dem er den Massenmarkt erobern will.
Das „Model 3“ ist ein schicker Fünfsitzer, der in der Basisvariante eine Reichweite von gut 345 Kilometern hat und sich in sechs Sekunden von null auf 60 Meilen (knapp 97 Kilometer) pro Stunde beschleunigen lässt. „Ein fantastisches Auto“, sagt Musk und erntet bei der Präsentation in Hawthorne bei Los Angeles in der Nacht zu Freitag Standing Ovations. Die Premiere ist nicht nur entscheidend für Tesla, sondern möglicherweise für die Zukunft der Elektromobilität insgesamt.
Nicht nur bei den Tesla-Fans, auch bei Analysten ist die Aufregung groß. Der Wagen habe „das Potenzial, den Gesamtmarkt für Elektroautos dramatisch auszuweiten“, frohlockte die Investmentbank Goldman Sachs kurz vor dem Event. Tatsächlich reißen sich die Käufer um das „Model 3“ - innerhalb von 24 Stunden gingen 115 000 Vorbestellungen ein. Das sind mehr, als es bislang überhaupt an Tesla-Besitzern gibt. Die Käufer müssen sich gedulden - ab Ende 2017 soll das Auto ausgeliefert werden und Tesla verspätet sich gerne.
Wie ist die Euphorie zu erklären? „Mit dem Tesla 3 hat das Elektroauto die Chance, in die Mittelklasse vorzudringen“, erklärt Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Uni Duisburg Essen. Das Besondere an der Premiere: Bislang ist Tesla mit der Limousine „Model S“ und dem Luxus-SUV „Model X“ ausschließlich mit Premium-Angeboten für dicke Geldbeutel am Markt. Der Fahnenträger des Elektro-Antriebs liefere im Grunde nur Spielzeug und Status-Symbole für Reiche, spotten Kritiker. Das ändert sich nun.
Mit 35 000 (31 000 Euro) kostet das „Model 3“ weniger als die Hälfte der teuren Vorgänger-Modelle - und zwar vor Abzug staatlicher Vergünstigungen. Damit würde Tesla sogar den bislang schärfsten Wettbewerber Chevrolet Bolt EV der Opel-Mutter General Motors unterbieten, der ebenfalls eine Reichweite von mehr als 300 Kilometern hat und nominal gut 37 000 Dollar kosten soll. Der Förderrabatt für Elektroautos in den USA liegt bei etwa 7500 Dollar.
Bislang fristen Stromer ein Nischendasein im Automarkt. Insgesamt hatten im vergangenen Jahr nur 0,3 Prozent der insgesamt knapp 17,5 Millionen verkauften Neuwagen in den USA einen E-Antrieb. Das sind nur wenige Zehntausend. Durch regulatorische Vorschriften ist allerdings programmiert, dass die Bedeutung zunimmt. Teslas „Model 3“ und der Chevy Bolt von GM stellen eine Art Nagelprobe für die Massenmarkt-Tauglichkeit des Batterie-Antriebs dar.
Auf Tesla setzt die Fachwelt vor allem wegen der Strahlkraft der Marke. Self-Made-Milliardär Musk, der ein Vermögen als Mitgründer des Bezahldienstes Paypal gemacht hat, ist ein Superstar des Silicon Valley, bei Fans genießt er Kultstatus und auch die Investoren feiern ihn. Das Unternehmen gebe dem Elektroauto eine wirkliche Bühne, sagt Dudenhöffer. „Dabei hat Tesla gezeigt, dass man als Start-up der Branche wirklich einen innovativen Impuls geben kann.“
Wie groß der Hype ist, zeigte sich schon vor der mit Spannung erwarteten Präsentation. Auf Twitter machten bereits einen Tag vor dem Event Fotos von Tesla-Anhängern die Runde, die vor den Showrooms warten, um sich als Erste in die Listen für die Vorbestellungen eintragen zu können. Doch der Vorstoß in den Massenmarkt ist für Tesla und seine Aktionäre auch ein großes Wagnis. Das Unternehmen, das seit Gründung 2003 noch keinen Jahresgewinn geliefert hat, nimmt hohe Kosten in Kauf. Der riskante Plan muss aufgehen.
Das „Model 3“ ist ein wichtiger Mosaikstein, um in Zukunft einmal richtig Geld zu verdienen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Aufbau einer riesigen Fabrik für Batterien, mit denen die Fahrzeuge eines Tages betrieben werden sollen. Diese „Gigafactory“ entsteht in Nevada und verschlingt Milliarden. Bislang ist Tesla für Aktionäre ein großes Versprechen. „Ob sich das langfristig auszahlt, weiß heute noch niemand“, sagt Experte Dudenhöffer.